von T. Austin-Sparks
Kapitel 6 - Berufungsmäßige Vereinigung
«...werde ich meine Gemeinde bauen» (Matthäus 16,18)
«Christus aber als Sohn über sein eigenes Haus; und sein Haus sind wir, wenn wir die Zuversicht und das Rühmen der Hoffnung bis zum Ende standhaft festhalten» (Hebr. 3,6).
«Jesus Christus... in dem der ganze Bau, zusammengefügt, wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn, in dem auch ihr miterbaut werdet zu einer Wohnung Gottes im Geist» (Eph. 2,20-22).
«so lasst auch ihr euch nun als lebendige Steine aufbauen, als ein geistliches Haus» (1. Petr. 2,5).
Ich hoffe, dass ihr in diesen verschiedenen Aspekten der Vereinigung mit Christus einen besonderen Wert, eine besondere Bedeutung und Vorstellung erkennen könnt, die etwas mit jedem einzelnen zu tun hat. Wenn ihr das noch nicht klar und definitiv begriffen habt, dann geht bitte noch einmal zurück und fangt noch einmal von vorne an, indem ihr nicht bloß akzeptiert, dass dies Formen der Vereinigung mit Christus sind, dass es also eine ewige Vereinigung, eine schöpfungsmäßige Vereinigung und eine eheliche Vereinigung gibt, sondern dass ihr euch auf die besondere Bedeutung und Vorstellung jeder einzelnen konzentriert, und, wenn ihr könnt, ein einziges Wort jeder einzelnen gegenüberstellt, ein Wort eurer Wahl.
Das Wort, das diesem vierten Aspekt gegenübersteht, ist Berufung, denn das Haus Gottes wurde zu dem besonderen Zweck konstituiert, zu dem ein Haus überhaupt existiert. Bevor wir einen Schritt weiter gehen können, müssen wir noch bei diesem Wort «Haus» stehen bleiben. «Dessen Haus sind wir». Es ist ein sehr interessantes und auch ein sehr volles Wort. Wenn wir das Wort «Haus» verwenden, jedenfalls im Deutschen, dann haben wir eine sehr begrenzte Vorstellung darüber in unserem Kopf. Im urtextlichen Wort finden sich alle Vorstellungen eines Gebäudes, eines Haushaltes, einer Hausordnung, der Möblierung und der Dienerschaft, und genau diese verschiedenen Bedeutungen werden wir jetzt, wie die Fazetten eines Juwels, kurz betrachten. Aber vergesst dabei nicht, dass das vorherrschende Thema die Vereinigung mit CHRISTUS ist, und zwar in diesem Sinne, die Vereinigung mit Christus als Haus.
a. Ein GebäudeDie erste Bedeutung des urtextlichen Begriffs ist die eines Gebäudes. «Ich werde meine Gemeinde bauen». «Jedes Haus wird von jemand gebaut; der aber alle Dinge gebaut hat, ist Gott» (Hebr. 3,4). Das Haus ist ein Gebäude. Und dieses Gebäude ist das, was mit Christus selbst korrespondiert. Er sagte, als er das Haus betrachtete, das Haus aus Stein, das große (herodianische) Tempelgebäude - und sofort übertrug er seine geistliche Bedeutung auf sich selbst, auf seinen eigenen Körper -: «Zerstört diesen Tempel, und in drei Tagen werde ich ihn wieder aufbauen» (Johannes 2,19). «Ich werde meine Gemeinde bauen; und die Pforten des Hades werden sie nicht überwältigen» (Matthäus 16,18). Alle destruktiven Kunstgriffe der Hölle werden nicht imstande sein, das zu überwältigen, was er baut, also sein Gebäude: ein Gebäude, jetzt nicht mehr aus Stein, sondern aus lebendigen Steinen. Das sind die Worte von Petrus in Bezug auf dieses Haus - «Auch ihr, lasst euch als lebendige Steine aufbauen zu einem geistlichen Haus».
Dieses Haus, welches «Haus wir sind», hat als seinen beherrschenden Gegenstand und als beherrschende Berufung die Tatsache, dass Gott selber der Hersteller ist, gegenwärtig und für den Menschen erreichbar. Das ist der erste Gedanke. Das Gebäude dient als Wohnung für Gott, «eine Wohnung Gottes im Geist», eine Wohnung GOTTES in der Person des Heiligen Geistes, so dass Gott gegenwärtig und erreichbar wird. Das ist eine Feststellung. Es könnte lediglich eine Feststellung einer Wahrheit bleiben, aber die Dinge sollten nicht bei dem bleiben. Damit wird ein Test aufgestellt, und der Test, die Existenz des Hauses Gottes betreffend oder die lebendigen Steine, aus denen das Haus Gottes besteht, ist zuallererst dazu da, zu beweisen, ob Gott gegenwärtig ist oder nicht. Ist von Gott bekannt, dass er dort ist? Das ist der Test über alles, so weit es da Haus Gottes betrifft, denn das ist seine Berufung. Abgesehen davon hat es überhaupt keine Bedeutung.
Im Alten Testament gab es eine Zeit, da die Herrlichkeit sich von Heiligtum abhob: Sie erhob sich vom Ort, wo Gott gegenwärtig war, weg; und obwohl die Sache weiterging, die Struktur weiterbestand, war sie nur noch eine (leere) Hülle - sie hatte kein Gewicht, keinen Wert, keinerlei Bedeutung mehr, oder, wenn sie noch eine Bedeutung hatte, dann war es die einer Tragödie. Die Herrlichkeit war abgezogen, sie war weg; man konnte Gott dort nicht mehr finden. So ist, einfach gesagt, der Test für die Existenz des Hauses Gottes und der lebendigen Steine genau das. Kann man in uns dem Herrn begegnen, findet man den Herrn in unserer Mitte? Wenn ja, dann befriedigt das alle seine Forderungen. Er will nicht das Ausgefeilte und das schmucke Gebäude. «Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich in ihrer Mitte» (Matthäus 18,20). Das ist das Haus Gottes. Das Haus Gottes wird nicht durch einen Namen, einen Titel eine Bezeichnung, einen Ort, eine Sache bestimmt. Es wird durch die Gegenwart des Herrn bestimmt, und ganz gleich wo, unter welchen zwei oder drei auch immer, ganz gleich, wo das auch sein mag und wer es sein mag, wenn Gott dort gefunden wird, dann ist das das Haus Gottes, und das ist alles, was Gott will.
Die Schwierigkeit, welche die Leute haben, ist die, dass sie immer noch etwas darüber und drum herum haben müssen, ein Gebäude, in dem sie sich versammeln und das sie dann «Kirche» nennen. Wie oft ist die Herrlichkeit gewichen, sobald irgend etwas Derartiges geschah; etwas ist verschwunden. Fangt an, diese Sache zu arrangieren, fangt an, irgend eine Ordnung der Angelegenheit zu erstellen, und wo ist der Herr dann hingegangen? So oft trefft ihr genau das an. Der Herr sagt einfach: Tragt mir lebendige Steine zusammen, und das ist alles, was ich will. Versucht nicht, daran etwas zu verbessern. Ihr könnt noch mehr lebendige Steine sammeln; das könnt ihr tun, aber das ist alles, was ich möchte - lebendige Steine zusammengetragen durch ein inneres «Zusammensein» (togetherness); zuerst einmal einfach, weil es Vereinigung mit Christus bedeutet, Christus vereinigt, Christus in seiner Einheit. Der Herr sagt: Gebt mir das, und ich werde euch meine Gegenwart sehr real spüren lassen.
Aber dann besteht das Ziel natürlich nicht einfach darin, dass dies nicht als etwas existieren soll, das bloß die Gegenwart des Herrn genießt. Sehr oft wird hier ein Fehler gemacht. «Ja, wir haben eine schöne Zeit mit dem Herrn, wir wenigen, diese kleine Gruppe, wir haben eine schöne Zeit mit dem Herrn» - und ihr glaubt, ihr könntet das unendlich fortsetzen. Das könnt ihr nicht. Es ist nicht nur für die Gegenwart des Herrn da; dadurch soll der Herr auch andern zugänglich werden, damit sie wissen können, wo der Herr zu finden ist - nein, noch mehr: sie sollen wissen, dass der Herr GEFUNDEN WERDEN KANN. Es soll die Antwort liefern auf ihre Frage: «Wohnt der Herr wirklich bei den Menschen?» Ja, hier ist er. Die Gegenwart des Herrn ist die Antwort auf das Herzensverlangen der Menschen, auf das Trachten der Menschen, und das ist genug. Als der Heilige Geist am Tag von Pfingsten zur Gemeinde kam, «kam die Menge zusammen», und genau das geschah auch - Gott war zugänglich geworden. Was nötig ist, sind ein paar lebendige Steine, nicht dass wir über Lehren, Theologie, die technischen Dinge der Gemeindeordnung oder irgend etwas dergleichen diskutieren, sondern dass wir vom Herrn reden, dass wir uns mit dem Herrn beschäftigen. Wenn der Herr nicht genügt, damit wir uns alle unsere Tage hier mit ihm beschäftigen, dann stimmt etwas nicht mit uns. Wenn ihr die Sache im Sande verlaufen lasst (peter out) - es tut mir Leid, Petrus! - wenn ihr anfangt, über den Herrn zu reden und dann euer Gespräch mit allen möglichen anderen Dingen zu füllen, dann läuft irgend etwas grundlegend falsch.
Gottes ewiges Verlangen ist es immer gewesen, eine Wohnung zu haben und bei Menschen zu wohnen. So offenbart es die Bibel. Eine wunderbare Sache! Es war das, was Salomo erstaunte. «Aber wohnt Gott wirklich auf der Erde? Siehe, die Himmel und aller Himmel Himmel können dich nicht fassen» (1. Könige 8,27). «und doch hat er mir befohlen, ihm ein Haus zu bauen!» Gott wollte bei den Menschen wohnen. Das ist das allererste in Zusammenhang mit dem Haus - dass es ein Ort der RESIDENZ sein soll. Vereinigung mit Christus, seht ihr, bedeutet, Gott einzuführen: Denn wo Christus gemeinschaftlich zum Ausdruck gebracht wird und persönlich gegenwärtig ist, da tritt Gott hinzu. Bitte denkt daran. Wenn ihr Gottes Gegenwart kennen lernen wollt, dann beschäftigt euch mit seinem Sohn, denn, wie wir in einer früheren Betrachtung gesagt haben, Gott trifft seine Verabredungen mit seinem Sohn.
b. Ein HaushaltDer zweite Aspekt dieses wunderbaren Wortes «Haus» ist die Vereinigung mit Christus als einem Haushalt. Das ist eine leichte Erweiterung dieser Vorstellung. Ihr werdet verstehen, was ich meine, oder was dies bedeutet, wenn ich euch daran erinnere, dass ihr im Alten Testament Wendungen wie «das Haus Jakobs» oder «das Haus Israels», oder - im Neuen Testament - «Haushalt des Glaubens» findet (Gal. 6,10). In Deutschland gab es das «Haus Hannover»; in England habt ihr das «Haus Windsor».
Ein Haushalt bezeichnet zwei Dinge - ein einzelner Vorfahre und ein Familienname. Zum Beispiel das Haus Jakob - Jakob war der Ahnvater, und das Haus übernahm seinen Namen; oder das Haus Israel - ein einzelner Mann gab seinen Namen der ganzen Linie, dem Haus Israel. Und dann denkt an den «Haushalt des Glaubens». Dieser Haushalt des Glaubens - wir wissen, wer der Ahnherr ist. «Lebe ich im Glauben, nämlich im Glauben an den Sohn Gottes» (Gal. 2,20), sagte der Apostel. Wir sind diejenigen, die des Glaubens sind. Es sind die kollektiven Gedanken einer Haushaltung, und das ruft sofort die Vorstellung der Gemeinde als Familie auf den Plan - Vater, Sohn und Kinder.
Nun, hier möchte ich etwas sagen, das für die meisten von euch nicht neu ist, was aber von großer Bedeutung ist. Wir dürfen diese Dinge nicht als abstrakte Wahrheiten und Ideen hinnehmen. Wir können natürlich alle Belehrung über das Haus Gottes haben; wir können wissen, was die Bibel über das Haus Gottes zu sagen hat und uns alle technische Kenntnis darüber aneignen - und trotzdem kann es für uns nichts von praktischem Wert bedeuten. Dies Haus Gottes muss lokal zum Ausdruck gebracht werden; man muss es lokal existierend vorfinden. Was wir in Kürze in dieser Beziehung sagen werden, unter einem andern Aspekt, macht es ganz klar, dass diese Sache konkret existieren muss, um Gottes Erfordernissen zu genügen. Es muss konkret und buchstäblich, an bestimmten Orten, das geben, das der Vereinigung von lebendigen Steinen entspricht - und wenn es auch nur so wenige wie gerade zwei sein mögen, das unverzichtbare Minimum - um Gott bei uns erscheinen zu lassen.
Aber es ist nicht, lasst mich es noch einmal sagen, ein kirchliches Gebäude, das Haus Gottes genannt wird. Unsere christliche Mentalität ist völlig ins Abseits geraten. Es gibt Leute, die es wirklich besser wissen müssten - denn sie stehen die ganze Zeit unter dem Klang der Belehrung - die, wenn sie in die Versammlungen kommen, sowohl im Gebet als auch während der Anbetung sagen, sie seien froh, in das Haus des Herrn gekommen zu sein, wobei sie einen bestimmten ORT meinen. Sie meinen nicht dies, dass sie froh seien, in die Gegenwart des Volkes des Herrn gekommen zu sein - obwohl das gelegentlich auch zutreffen mag. Das Haus ist für sie noch immer diese andere Vorstellung eines bestimmten Ortes, oder von etwas Äußerlichem (z.b. ein bestimmtes Gebäude oder ein Saal). Aber das ist es eben nicht. Es ist nichts Kirchliches - ganz zu schweigen von der Architektur. Es ist weder ein besonderer Ort noch eine bestimmte Form. Wir können das Haus Gottes töten, wenn mit seiner Technik beginnen - wenn wir nach der Technik des Hauses Gottes fragen. Was immer entlang dieser Linie daher kommen soll, muss auf organische und spontane Weise geschehen, wie wir ein anderes Mal sehen werden. Wir fangen nicht damit an, dass wir etwas einer bestimmten Form gemäß herstellen. Wir sind an einem bestimmten Ort zusammen, ein einem bestimmten Lokal, das stimmt, aber als lebendige Steine, die auf lebendige Weise dieses Haus Gottes darstellen und so ihre Berufung erfüllen, indem wir Gott in diesen Bereich bringen, Gott erreichbar machen. Vielleicht können wir dies noch besser ausführen, wenn wir weiter gehen.
Nun, dieses Familienkonzept, diese Haushalt-Vorstellung, spricht zunächst einmal von der Reinheit der Herkunft oder des Stammbaums. Ihr erinnert euch, wie in den Tagen von Esra und Nehemia jeder einem strengen Test unterzogen wurde, der irgend einen Platz in der Wiederherstellung und dem Wiederaufbau des Hauses Gottes einnehmen wollte. Er musste seinen Stammbaum vorweisen, weil es eine Menge Leute gab, die auch «ein Stück vom Kuchen» haben wollten, die in die Sache hinein gelangen und einen Platz ergattern wollten, und weil viele Leute herein gekommen waren und sich der Samen vermischte, musste jeder seinen Stammbaum vorweisen. «Nun, deine Geburtsurkunde, bitte; wo wurdest du geboren, wann wurdest du geboren, wie heißen deine Eltern, wie weit zurück liegt das?» Wenn ich euch diese Fragen stellte, was würdet ihr da sagen? Wann wurdet ihr geboren? Nun, vielleicht seid ihr nicht imstande, den präzisen Tag, die Stunde oder den Augenblick zu nennen, da es geschah, aber ihr müsst mindestens imstande sein, zu sagen: Ja, ich weiß, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt in meinem Leben etwas geschah, und dieses Ereignis war nichts Geringeres als eine neue Geburt. Das müsst ihr sagen können, um zum Haushalt zu gehören. Und welches sind eure Eltern? Wo wurdet ihr geboren? Nun, ihr würdet völlig falsch liegen, wenn ihr sagen würdet: Ich wurde an diesem oder jenem Ort geboren. Die einzig mögliche Antwort wäre: Ich wurde im Himmel geboren, von oben her; meine Heimat ist im Himmel, mein Bürgerrecht ist in der Stadt Gottes verbürgt. «Dieser ist dort geboren» (Ps. 87). «Alle meine Quellen sind in dir» - ich komme von dort oben, und ich werde auch von dort oben versorgt, von der himmlischen Stadt. Wo wurdet ihr geboren, und wie weit zurück reicht euer Stammbaum? Ah, gepriesen sei Gott, er reicht hinter die Zeit zurück, er liegt völlig außerhalb der Zeit. In Christus sind wir nicht Kinder Adams; wir sind Kinder der Ewigkeit. Wir wurden in ihm erwählt vor Grundlegung der Welt.
So muss also dieser Haushalt eine absolute Reinheit der Herkunft, des Stammbaumes, aufweisen können; es darf da keine Vermischung geben.
Dann redet der Begriff auch von Kindes-Beziehungen. Der Haushalt Gottes ist eine Familie, eine Familie, die durch Kindes-Beziehungen zusammengehalten wird. «Wir wissen, dass wir vom Tod zum Leben durchgedrungen sind, weil wir die Brüder lieben» (1. Joh. 2,14). Die Kindes-Beziehungen und unsere Geburt sind mit einander verknüpft. Ihr könnt eure Geburt nicht beweisen, wenn ihr die Brüder nicht liebt - die Bruderschaft, die Familie. Ihr könnt eure Geburt nicht beweisen, wenn das nicht zutrifft. Der Beweis für unsere (geistliche) Geburt ist unsere gegenseitige Liebe für einander.
Und dann spricht der Haushalt auch von der Loyalität und der Eifersucht für den Namen. Wie sehr wird das Haus Gottes verdorben, wie sehr wird doch der Haushalt entstellt durch unseren Mangel an Loyalität. Vielleicht meinen wir, es sei kein Mangel an Loyalität gegenüber unserem Herrn - das ist nicht unsere Absicht - doch wir alle tragen seinen Namen, und ein Mangel an Loyalität gegenüber dem Namen zeigt sich in unserem Mangel an Loyalität für einander. Ist es nicht eine schreckliche Tragödie, dass es für Christen, sei es als Individuen oder als ganze Gemeinschaften, so leicht ist, einander zu kritisieren? Es gibt eine Loyalität in der Welt, die sehr oft um einiges besser ist als die Loyalität unter Christen. Denkt nur an die Loyalitäten im Berufsleben - ihr hört nie einen Arzt zum Schaden eines andern Arztes reden. Es gibt einen Ehrenkodex, es gibt einen Standard für Loyalität, und es ist stets eine Beschönigen, ein Entschuldigen im Gange, und nicht nur dort, sondern auch auf anderen Gebieten. Doch hier, unter uns, versuchen traurigerweise nicht so schnell, andere zu entschuldigen, eine Menge von Sünden zuzudecken, unsere Aufmerksamkeit auf das Gute zu lenken statt auf das Schlechte. Das ist ein Widerspruch im Haushalt.
Und es ist auch etwas sehr Praktisches. Wenn das eine wahre Vorstellung von Gottes Gegenwart ist, dass Gott eben zugänglich, erreichbar ist, dann ist dazu ein sehr praktisches Ausleben unserer Beziehungen nötig. Das Haus benötigt einen Haushalt, die größere Vorstellung einer Familie, von der reinen Herkunft eines himmlischen Lebens, das oberhalb dieser Erde existiert.
c. Ein Tempel
Wiederum ist die Vereinigung mit Christus ein Tempel. Vielleicht denkt ihr, darüber hätten wir ja schon gesprochen, als wir sagten, Gott sei gegenwärtig und erreichbar. Das sind jedoch keine wasserdichten, abgeteilten Vorstellungen von der Vereinigung mit Christus. Sie sind alle Teile eines Ganzen, des Hauses Gottes. Der Tempel stellt nur einen besonderen Aspekt heraus. Seht ihr, es geht nicht nur darum, wo Gott ist. Gott ist in seinem heiligen Tempel, ja, aber der Tempelaspekt besteht darin, dass er der Ort ist, wo Gottes Rechte anerkannt werden und wo Gott sein Recht auch bekommt, denn genau das ist die Bedeutung von Anbetung. Der Tempel ist der Ort der Anbetung, und Anbetung ist schlicht dies, dass Gott sein Recht bekommt. Gottes Rechte sind absolut, und in seinem Tempel bekommt Gott alles - alles ist für Gott da. An dem Tag, an dem der Tempel nicht mehr das war, was er in Gottes Augen hätte sein sollen, schrieb Jesaja auf andere Weise als Sinnbild gedacht: «In dem Jahr, als König Ussia starb, sah ich den Herrn, sitzend auf einem hohen und erhabenen Thron, und sein Saum füllte den Tempel» (Jes. 6,1). Es ist der Ort, wo für alles andere kein Platz mehr ist. Ihr kennt die Geschichte von Ussia - wie er unberechtigt den Tempel betrat, um Weihrauch zu opfern, da er unrechtmäßig den Eintritt erzwang und den Altar berührte, und er mit Aussatz geschlagen wurde und schließlich in einer Leprastation starb. Mit andern Worten, er drang in den Ort ein, der nur Gott gehörte. Und dann, als Ussia aus dem Weg war, sah Jesaja, wie der Herr den Tempel erfüllte. Das ist die wahre Vorstellung vom Tempel, und dort heißt es: «Heilig, heilig, heilig», wie wir gleich sehen werden. Der Gedanke hinter dem Tempel ist also folgender: Hier, unter diesen Leuten, bei den zwei oder drei, oder auch in größeren Gruppen, wie man sie örtlich vorfindet, bekommt Gott alles. Gott hat einen vollen, freien, ungehinderten, vorbehaltlosen Weg; seine Rechte auf vollständige Kapitulation, Übergabe, Nachgiebigkeit, Gehorsam werden ihm gewährt. Und das nicht nur mit den Lippen, sondern mit dem ganzen Leben. Das ist der Tempel, ein lebendiger Tempel, ein geistliches Haus. Gottes Rechte werden ihm eingeräumt.
Und schließlich kommen wir zur Vereinigung mit Christus als einer Dienerschaft und einer Ordnung. Das Wort, das mit «Dienerschaft» (engl: stewardship) übersetzt wird, stammt merkwürdigerweise von derselben Wurzel wie das griechische Wort für «Haus»: es bedeutet die Wirtschaft eines Hauses oder eines Haushaltes, und es liefert uns unser Wort «Ökonomie». Es ist das Wort, das anderweitig mit «Heilszeit» (engl: dispensation) bzw. «Haushaltung» oder «Verwaltung» übersetzt wird. Gemeint ist eine Ordnung der Dinge - die Ordnung, die an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit existiert. Es gibt zwei Aspekte: Der eine ist der, dass sie diese göttliche, himmlische Ordnung repräsentiert und zum Ausdruck bringt; der andere, dass es sich um einen administrativen Ort handelt, einen Ort der Verwaltung oder eines Dienstes. Das ist die doppelte Idee einer Dienerschaft bzw. Verwalterschaft.
Ich habe ein bisschen früher gesagt, es sei töricht, an eine himmlische Ordnung zu denken, die ohne irgend eine Gemeinschaft zu finden sei, welche sie zum Ausdruck bringe. Es muss hier und dort auf Erden etwas geben, das diese Ordnung ausdrückt, worin diese Ordnung wahrgenommen werden kann. Nun, ich widerspreche mir selbst nicht, wenn ich sage, dass ihr dieses neutestamentliche System einführen müsst. Es hängt einfach davon ab, wie es eingeführt wird, aber es muss vorhanden sein. Es muss eine zum Ausdruck gebrachte himmlische Ordnung sein. Aber es ist möglich, die Ordnung ohne die entsprechende Belehrung zu haben, und das wäre immer noch besser als die Lehre zu haben ohne die himmlische Ordnung. Wir haben festgestellt, dass die Sache vorkommt, dass sie existiert, und doch wissen die Leute nichts darüber. Sie ist da - sie existiert - eine wunderbare geistliche Ordnung. Sie haben gespürt, das dies die Art ist, wie Gott die Dinge haben möchte. Und wenn ihnen dann gezeigt wurde, dass es über diese Angelegenheit eine ganze Offenbarung von Gott gibt, haben sie keine Ahnung, aber sie ist vorhanden. Sie sind unter das Regime des Heiligen Geistes gekommen und herausgefunden, dass dies die Art ist, wie der Heilige Geist die Dinge haben möchte, das ist es, was der Herr haben will. Es ist etwas Spontanes.
So beginnen wir also nicht damit, dass wir sagen: «Nun, um einen Ausdruck der himmlischen Ordnung zu bekommen, müsst ihr zuerst eine Gruppe von Menschen zusammenbringen, und dann müsst ihr den Tisch des Herrn und die Taufe einführen, und ihr braucht Brüder in Autorität und einen gemeinschaftlichen Dienst - alles muss gemeinschaftlich und in Gegenseitigkeit geschehen». Ihr solltet nicht diese Art von Mentalität haben. Sie ist tödlich; sie kann ebenso irdisch sein wie alles andere. Ihr werdet feststellen, dass, wenn der Heilige Geist wirklich die Dinge in die Hand kriegt, ihr anfangen werdet, in die Dinge eingeübt zu werden. Wir haben dies auf wunderbare Weise geschehen sehen. Wo Christus gepredigt wird mit dem Bestreben, eine vollständige und äußerste Hingabe und Übergabe an Ihn und die Errichtung seiner Herrschaft und seiner Position als Haupt zu erreichen; wenn all diese Dinge ins Blickfeld gerückt und akzeptiert worden sind, geht es nicht lange, bis die Leute sagen: «Ich fange an, in dieser und jener Sache drangenommen zu werden; Sie haben nie etwas darüber gesagt, aber kürzlich bin ich darauf gestoßen».
Das ist der Weg, und es ist der einzige Weg, der fruchtbar und wertvoll ist. Der Heilige Geist bringt die Dinge voran, wenn er seinen Platz bekommt. Er bringt die Dienerschaft zustande, die Verwaltung, die Ökonomie, die himmlische Ordnung, und wenn es auf diese Weise entsteht, ist es eine sehr gesegnete Sache, und ihr sagt: «Das ist nicht irgend ein System oder eine Lehre, die ich übernommen habe; es ist etwas, das der Herr mir gezeigt hat». Das ist der Weg, und es ist der einzige lebendige Weg. Wenn ihr im Geist wandelt, wenn ihr wirklich im Geist wandelt, werdet ihr feststellen, dass, während ihr voran schreitet, alle möglichen Korrekturen vorgenommen werden müssen, weil der Herr sie euch aufzeigt; alle möglichen Dinge müssen beseitigt oder neu eingeführt werden, weil der Herr spricht. Er ist ein Sohn über das Haus Gottes, und als solcher führt er diese himmlische Ökonomie, diese himmlische Ordnung ein. Wir brauchen keine Vorschriften, sondern Zeugnisse - solche Dinge, die geistliche und himmlische Prinzipien verkörpern.
Nun, das ist für viele vertrautes Territorium, aber nicht für alle, die diese Zeilen lesen, mag dies ebenso zutreffen, und vielleicht will der Herr, dass dieses Wort gesagt wird. Ja, Vereinigung mit Christus als Dienerschaft bzw. Verwalterschaft: Es gibt eine Anordnung, die der Geist im Hause Gottes treffen will, die Christus als Sohn über Gottes Haus ins Dasein bringen will; eine himmlische Anordnung. Es bedeutet eine neue Mentalität - «Verwalter der Geheimnisse Gottes» (1. Kor. 4,1) - eine neue Mentalität, ein neues Konzept von Dingen; oder, wie Petrus sagte: «Gemäß der Gabe, die ein jeder empfangen hat, dient einander als gute Verwalter der mannigfachen Gnade Gottes» (1. Petr. 4,10). Als «Hausverwalter der mannigfaltigen Gnade Gottes». Wenn ihr glaubt, dass dies den Sinn entstellt , dann beachtet den Kontext. «Übt Gastfreundschaft untereinander» - das geht der Aussage unmittelbar voraus. «Gemäß der Gabe, die ein jeder empfangen hat, dient einander als gute «Hausverwalter» der mannigfaltigen Gnade Gottes».
Es bedeutet eine neue Mentalität, die himmlische Vorstellungen hervorbringt; eine himmlische Gesinnung. Es heißt, Adam haben allem einen Namen verliehen - ich nehme an, den Tieren und den Blumen. (Ich bin ganz sicher, dass er ihnen keine lateinischen Namen gab; bitte, nichts davon im Paradies!). Er gab allem einen Namen. Der Punkt, um den es mir geht, ist folgender. Wir müssen für alles einen himmlischen Namen finden; wir müssen herausfinden, wie der Herr die Dinge nennt. Der Herr nennt die Dinge bei einem bestimmten Namen. Wir gehen darum herum und geben ihm andere Namen, doch der Herr sagt: «Nein, das heißt so, und das heißt so; ihr gebt ihm einen andern Namen. Wir müssen die Dinge bei ihrem richtigen Namen nennen, wir müssen den Dingen den richtigen himmlischen Namen geben. Der Herr nennt eine bestimmte Tugend Sanftmut (meekness); wir nennen sie Schwäche (weakness). Gibt den Dingen ihren himmlischen Namen, und ihr habt eine ganze Menge zu tun - es ist eine sehr große Welt.
Der andere Aspekt ist Administration oder Dienst: Das Haus ist eine Dienerschaft, ein Dienst, ein Ort des Dienstes. Das bedeutet nicht, dass wir einen professionellen Dienst oder eine besondere Gruppe von «Dienern Gottes» einrichten sollen. Es geht um den Haushalt; und das ist ein Ort des Dienstes. Jeder in diesem Haushalt sollte einen bestimmten Dienst ausüben; jeder sollte ein Verwalter der mannigfaltigen Gnade Gottes sein. Auf diese oder jene Weise könnt ihr ein Diener sein, weil ihr dazu BERUFEN seid, ein Diener zu sein, etwas zu haben, das ihr vom Herrn weitergeben könnt. Darum verfährt der Herr mit euch auch so, wie er es gerade tut. Er versucht, aus euch einen Diener in seinem Haus zu machen, es euch zu ermöglichen, dass ihr etwas habt, das ihr jemand anderem weitergeben könnt, etwas von ihm selbst, das ihr empfangen habt, das zu eurem Besitz geworden ist und das ihr nun an jemand anderen weitergeben könnt.
Nun, das alles ist eingeschlossen in diesem Wort für Haus, in all seinen sich darauf beziehenden Formen, alles bezieht sich auf das Haus Gottes. Dieses Haus ist etwas Wunderbares. Bittet den Herrn, er möge euch noch klarer machen, was alles daraus folgt, und bittet den Herrn sehr stark, dass es auf dieser Erde mehr und mehr einen buchstäblichen Ausdruck seiner himmlischen Ordnung geben möge.
In Übereinstimmung mit dem Wunsch von T. Austin-Sparks, dass das, was er frei erhalten hat, weitergegeben und nicht gewinnbringend verkauft werden sollte und dass seine Botschaften Wort für Wort reproduziert werden, bitten wir Sie, diese Botschaften mit anderen zu teilen und frei anzubieten, um seine Wünsche zu respektieren - frei von jeglichen Änderungen, kostenlos (außer notwendigen Vertriebskosten) und mit dieser Erklärung inklusive.