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Geistliche Überlegenheit

von T. Austin-Sparks

Kapitel 4 - Die Natur und das Motiv geistlicher Überlegenheit

Schriftlesung: Ps. 24,3; Offenb. 14,1-5; Ps. 122,2-4

Wir wurden dazu geführt, einen erneuten Blick auf diese ganze Angelegenheit der geistlichen Überlegenheit zu werfen. Wir haben die großen Ausdehnungen betrachtet, indem wir die Sache sehr stark als Ganzes in den Blick zu bekommen suchten. Nun gelangen wir näher an einige ihrer Aspekte heran.

Die Herausforderung der Überlegenheit

Doch an allererster Stelle ist da die Frage des Hinaufsteigens. «Wer wird hinaufsteigen zum Berg des Herrn?» Wenn ich nun etwas sage, das eher ungehobelt klingt, werdet ihr verstehen worauf ich hinaus will. Von allem Anfang würde ich sagen: Wer kümmert sich eigentlich darum, hinaufzusteigen? Wer ist überhaupt an Überlegenheit interessiert? Was für einen Sinn macht es, die Frage überhaupt aufzuwerfen? Wenn wir so an die Sache herangehen, erhebt sich sogleich diese Frage: «Ist es uns bisher überhaupt ein Anliegen gewesen, diese geistliche Überlegenheit zu besitzen? Seht ihr, hier im Alten Testament, in der Illustration dieser Angelegenheit im Leben Israels, wird eine ganze Menge stillschweigend vorausgesetzt. Es wird einfach davon ausgegangen, dass sowohl ein Interesse, als auch ein Verlangen, hinaufzusteigen, vorhanden ist. Ihr findet, dass die Sache existiert. Niemand stellt Fragen diesbezüglich; an niemand wird appelliert. Dem Volk Gottes wird nicht gesagt, es solle hinaufsteigen. Es ist in diesem Sinne keine Befehl, wenn ihnen eine gewisse Verpflichtung auferlegt wird. Wenn ihr die Atmosphäre dieses Zion-Faktors, wie er in den Psalmen vorkommt, in den Blick kriegt, werdet ihr feststellen, dass nichts davon überhaupt vorhanden ist. Hinaufzusteigen ist und bleibt ein einziges Verlangen, ein lebenslanges Streben. «Ich freute mich, als sie zu mir sagten: Lasst uns hinaufziehn zum Hause des Herrn. Unsere Füße stehen (bereits) in deinen Toren, o Jerusalem». Alles, was darüber gesagt wird, ist bloß der Ausdruck für ein großes Lebensverlangen. Das eine, das alles übrige in den Bestrebungen eines echten Israeliten überschattete, war dies: «Wenn ich nur nach Zion hinaufsteigen könnte!» Es gab den Trek dreimal im Jahr, wie es der Herr durch Moses vorgeschrieben hatte. «Dreimal im Jahr sollen alle Männer vor dem Herrn, deinem Gott, erscheinen» (2. Mose 23,17). Ihr könnt als sicher annehmen, dass das nicht eine lästige Pflicht war, die sie erfüllen mussten. Wochen zuvor waren sie alle aufgeregt wegen dieses Treks nach Zion. Es war die eine Sache, die ihre Gedanken ausfüllte, er beherrschte die ganze Zeit jener drei Abschnitte des Jahres. Der Höhepunkt dieser Monate war Zion, und dieser Besuch in Zion verlieh einem anderen Abschnitt Würze und Antrieb. Es war die eine Sache, für die sie lebten. Ich glaube, das ist der Geist der Psalmen, und ganz sicher war es der Geist von David. Man muss einfach annehmen, dass ein großes Interesse für diese Sache vorherrschte und ein großes Verlangen danach.

Das sollte uns testen und uns herausfordern. Wenn wir dazu gelangen, zu verstehen, noch vollständiger zu erkennen, was es heißt, den Platz geistlicher Überlegenheit zu erreichen, dann sollte ein neuer Eifer in uns Leben Einzug halten. Natürlich können wir es sowohl buchstäblich wie auch geschichtlich verstehen. Zum Beispiel ist es eine gute Sache, sich von Zeit zu Zeit an Konferenzen zu treffen und eine wertvolle Zeit der Gemeinschaft und des Dienstes zu erleben, und vielleicht sehnen sich viele von euch, die weit über die Erde hin verstreut sind, danach. Es ist gut, sich buchstäblich von Zeit zu Zeit von überall her zu versammeln, sich am Herrn und an der Gemeinschaft des Volkes Gottes zu freuen. Aber es ist nicht das, wovon wir reden, so gut und wertvoll es auch sein mag und so sehr wir auch dazu ermutigen möchten, denn gegenseitige Hilfe bedeutet Stärke. Doch da gibt es etwas, das viel größer und viel wichtiger ist als dies. Es ist die geistliche Bedeutung dieser Dinge, und wir versuchen, in diese geistliche Bedeutung einzudringen.

Doch fangen wir damit an: Gibt es in uns, durch das Werk des Geistes, IM GEISTLICHEN LEBEN EINEN MÄCHTIGEN DRANG NACH OBEN? Haben wir diesen bekommen? Ist er in uns? Sind die Hauptstraßen nach Zion wirklich in unseren Herzen?


Überlegenheit ein richtiges Bestreben

Geschichtlich gesehen stellen wir fest, dass es eine Phase im Leben Israels war; und besonders, wenn das Volk in einem guten Zustand war, war dies etwas, das sie mit großer Freude charakterisierte. Doch was dadurch dargestellt wurde, hat eine viel längere Geschichte, und es ist die geistliche Geschichte dieses Prinzips. Darf ich kurz für eine weitere Klammer unterbrechen, zur Erinnerung? Alles im Wort Gottes, alles, was Gott als Gebot, Funktion und Anlass im Leben seines Volkes angeordnet hat, ist nur seine Art, damit etwas Tieferes zu sagen. Es ist die Verkörperung von etwas Ewigem, etwas, das zu einem Bereich gehört, der nicht vergeht, der überhaupt nicht von dieser Erde ist. In diesem Hinaufziehen nach Zion haben wir typologisch dasjenige verkörpert, das eine sehr viel längere Geschichte hat; nämlich, die angeborene Fähigkeit der menschlichen Natur, sich zu erheben. Wie wir zuvor gesagt haben, einen Ehrgeiz und eine bestimmte Strebsamkeit zu haben. Ich glaube, eine Menge Leute meinen, dies sei eine Form des seelischen Wesens, das getötet werden sollte. Passt auf, wie ihr euch daran macht, eure Seelen zu töten! Sie müssen errettet, und nicht getötet werden. Und in der Sache der Strebsamkeit, des Ehrgeizes geht es nicht darum, sie auszulöschen, sondern zu erlösen und zu heiligen. Strebsamkeit ist etwas, das Gott in die eigentliche Konstitution des Menschen eingebaut hat. «Du hast ihn zum Herrscher gemacht» (Ps. 8,6). Sie ist einfach da. Es ist nichts Falsches an der Sache selbst, und damit verbunden ist diese lange Geschichte der Überlegenheit. Aber, wie wir gesagt haben, wurde die Sache natürlich entstellt, verdreht, beschmutzt, durch das Ich-Motiv, das Eigeninteresse und das Ich-Prinzip verdorben. Darum sind im Menschen von Natur aus Strebsamkeit und Ehrgeiz gewöhnlich etwas von ihm selbst, damit will er selbst eine Stellung der Überlegenheit erreichen, um die Macht in seinen eigenen Händen zu fühlen. Auch wenn es schüchterne Seelen geben mag, die glauben, ihr Problem sei genau das Gegenteil davon, dann lasst mich sofort sagen, dass selbst ein Minderwertigkeitskomplex nur eure Art und Weise ist, zu sagen, wie sehr ihr es hasst, da unten zu sein; ihr möchtet etwas sein! Es ist einfach da, welche Ausdrucksform es auch immer annehmen mag; und diese psychologischen Störungen, diese Depression, diese Beschäftigung mit sich selbst, diese falsche Demut und dieses ständige Kreisen um unsere elende Nichtigkeit, verursachen, sind nur der Aufschrei von etwas in unserer Konstitution. Sie bringen eine Revolte in uns zum Ausdruck; die Natur möchte irgendwie heraus, und die Natur ist dies: «Du hast ihn zum Herrscher gemacht». Nun, der Herr wird das nicht auslöschen. Er wird es erlösen und heiligen, und er wird es durch das Kreuz von allen persönlichen Interessen und Motiven reinigen, und von jedem Element des Ichs, bis er diese Christusähnlichkeit wahrer Sanftmut und Demut erreicht, die herrschen kann, die das Regiment führen und den Thron einnehmen kann. Es ist das LAMM, das auf dem Thron sitzt. Das eigentliche Symbol von Schwachheit und Abhängigkeit hat die Herrschaft angetreten.

So werden wir auf dies zurückgeworfen: Fehlt uns diese richtige Art einer gezüchtigten, geheiligten Strebsamkeit? Es gibt eine furchtbare Krankheit, die gewisse Leute überfällt, und sie ist tödlich. Es ist das, was jemand die Krankheit des Nicht-wollens genannt hat. Wir können das Wort ändern und es die Krankheit des sich nicht Kümmerns nennen. Etwas ist mit uns als Christen sehr falsch gelaufen, wenn uns irgend etwas wie dieses anhaftet. Während es einerseits weit von unseren Gedanken entfernt sein sollte, dass wir in uns selbst irgend etwas sein sollten, besteht andererseits dieser mächtige Ehrgeiz, den Gott in uns sehen möchte, dass wir etwas sein sollten zum Lob seiner Herrlichkeit, dass er in allem in uns verherrlicht werden sollte. Leidet ihr unter der Krankheit des Nicht-wollens oder Nicht-kümmerns? Dann ist etwas falsch gelaufen, dann ist eurem geistlichen Leben ein tiefer Schaden zugefügt worden, wenn es so sein sollte. Bittet den Herrn, euch von dieser tödlichen Krankheit zu heilen. Vielleicht ist es natürlich auch einfach das Ergebnis eines frustrierten persönlichen Verlangens. Das persönliche Element ist enttäuscht worden, und ihr glaubt, nichts könne seinen Platz einnehmen. Das ist schrecklich.

Nun, es ist hier, wie ihr seht, in diesem Bereich geistlichen Ehrgeizes, wo die große Kraft der Überlegenheit zum Austrag kommt, wie Gott es durch den Heiligen Geist in uns haben möchte, dass all unsere Prüfungen stattfinden - der Test all unserer Motive. Warum sollten wir bestrebt sein, warum sollten wir mit dem Herrn weitergehen, warum sollten wir den Preis zahlen, warum sollten wir Mühsale erdulden? Wenn die Antwort lautet, dass wir dem nicht viel abgewinnen, dann besteht wenig Grund, warum wir bestrebt sein sollten, wenn wir auf diesem Niveau leben. Motive werden entlang dieser Linie getestet. Könnt ihr eine scheinbare Rüge (es gibt nie eine echte!) vom Herrn ertragen? Könnt ihr vorangehen, auch wenn er euch keinen Anreiz gibt, wenn er scheinbar nur abseits steht (und zuschaut)? Welches ist das Motiv, dass ihr trotzdem weitergeht? Ist es ein persönliches, dann habt er sehr wenig, es zu nähren. Der Herr wird alle unsere persönlichen Interessen in dieser Angelegenheit verkümmern lassen, wenn wir voranschreiten. Er möchte nicht, dass wir nur deshalb weitergehen, weil er uns ständig das vermittelt, was unser Weitergehen stimuliert. Er möchte, dass wir um seinetwillen weitergehen, weil wir den überragenden Wert der Dinge des Herrn kennen gelernt haben. Darin werden wir getestet. Es ist das Leben Abrahams in einer Nussschale. Es ist das Leben manch eines Dieners Gottes, der eng mit seinem großen Vorsatz in Christus verbunden war; prüfen, zurückhalten, verbergen, sehr wenig Ermutigung geben. Warum also sollten wir weitergehen? Die Motive werden getestet.

Überlegenheit erfordert geistliche Widerstandskraft

Der Glaube wird getestet, und die Ausdauer wird auf diesem Gebiet der geistlichen Überlegenheit auf die Probe gestellt. Wir müssen etwas erkennen, das damit zusammenhängt, das Widerstandskraft in uns freisetzt. Wir müssen, wie der Apostel dies tat, den «Siegespreis der himmlischen Berufung in Christus Jesus» erkennen (Phil. 3,14), damit Widerstandskraft in uns gelangt, wie sie in ihm war. Oh, welche Widerstandskraft, welche Ausdauer stellte doch dieser Mann zur Schau! Wie konnte er das tun? Er sah die himmlische Berufung, er hatte die himmlische Vision, und die ganze Anhäufung von entmutigenden und verwirrenden Dingen hier konnten ihn nicht bewegen. Er war imstande, zu sagen: «Nichts davon bewegt mich, noch halte ich mein Leben als teuer für mich selbst»; «um Christus zu gewinnen» (Apg. 20,24; und Phil. 3,8).

Es ist natürlich hier, dass all die Ermahnungen, Appelle und Warnungen in der Schrift auftauchen. Worum ging es bei all diesen Ermahnungen? Sie alle kreisen um diese eine Sache: Macht weiter! «Werft euer Vertrauen nicht weg, das eine große Belohnung hat» (Hebr. 10,35). Alle Appelle stehen auf dieser Grundlage, und alle Warnungen stehen damit in Zusammenhang. Ihr erinnert euch an jene Warnungen, die dem eigentlichen Leben Israels entnommen wurden, wie zum Beispiel: «Heute, wenn ihr seine Stimme hört, verhärtet eure Herzen nicht» (Hebr. 3,7-8). Das wird nicht zu Ungläubigen gesagt, sondern zu Gläubigen. «Verhärtet eure Herzen nicht». Es ist so leicht für einen Gläubigen, wenn er die Situationen und Umstände der geistlichen Entwicklung als etwas für sich selbst nimmt, harten Herzens zu werden, einen bitteren Geist zu bekommen, nachtragend und rebellisch zu werden. « Verhärtet eure Herzen nicht », wie sie ihre Herzen verhärteten und dadurch ihr Erbe verloren. Es ist in diesem Bereich, dass in unserem Leben ständig Krisen entstehen.


Überlegenheit, in gewöhnlichen Angelegenheiten erworben

Wieder und wieder sehen wir uns einer Krisis gegenüber: Kommen wir voran oder nicht? Wie viele von euch sind, vielleicht schon oft, in eurem geistlichen Leben an diesem Punkt angelangt? Es ist, als wärt ihr aufgrund der Wut des Unterdrückers, der Härte des Weges, der Schwierigkeiten der Lage, der Entmutigung durch die Umstände beinahe zu einem Stillstand gekommen. Dann habt ihr angefangen, euch im Kreise zu drehen, und früher oder später kam ihr an den Punkt, wo ihr zu euch sagtet: «Nun, was geschieht hier eigentlich? Entgegen komme ich voran, oder nicht». Einen Punkt der Krisis, und eine Krisis ist oft eine Frage des Äußersten. Wenn ihr weiter gehe, so sehe ich, dass ich ohne vieles von dem, was ich eigentlich möchte, weitergehen muss. Ich muss einfach weitergehen, und das ist alles, was jetzt nötig ist. Das ist das Äußerste - weiterzugehen, weil ihr nichts anderes als mit dem Herrn weitergehen könnt, weil ihr keine Alternative habt. Und jede frische Krise ist eine Schwächung der Krisen. Schließlich kommt ihr an den Punkt, da ihr sagt: «Ich bin zu oft diese Straße hinunter gegangen, um nicht zu wissen, wohin sie führt. Ich gehe da nicht noch einmal hinunter. Es führt in eine Sackgasse, es gibt da überhaupt keinen Ausweg». Der Herr arbeitet so lange an uns, bis er uns da hat, dass wir weitergehen, ganz gleich, wie die Umstände sein mögen. Das ist geistliche Überlegenheit in ihrer praktischen Anwendung.

Worum also geht es bei dieser Angelegenheit des Hinaufsteigens auf den Berg des Herrn? Es ist nicht irgend ein Berg auf Erden, den wir da besteigen werden. Es ist diese alltägliche Sache: Gehe ich mit Gott weiter bis ganz zu Ende? Es gibt zehntausend Dinge, die uns entmutigen und zurückwerfen wollen. Lasse ich zu, dass sie das tun können? Geistliche Überlegenheit begegnet uns von den ersten Augenblicken des Bewusstseins jeden Morgen und sie bleibt bei uns den ganzen Tag über. Da sagt jemand etwas, und schon gehen wir darunter zu Boden. Irgend eine Situation tritt ein, und wir kollabieren sofort. Wir alle wissen das. Es gibt keinen unter uns, der nicht schon in dieser Lage erwischt wurde. Im Moment gehen wir darunter zu Boden. Und wir wissen sehr wohl, dass wir niemals voran kommen werden, es sei denn, wir befinden uns oben. Der Herr nimmt es nicht von uns; er sagt: «Kommt darunter hervor!». «Was tust du hier, Elijah?» (1. Könige 19,9). An uns ergeht der Ruf, den Ort zu verlassen, wo wir unter die Dinge geraten sind. Das ist geistliche Überlegenheit; das ist ihre Natur.


Dienst, das Motiv der Überlegenheit

Welches ist das Motiv für geistliche Überlegenheit? Das Motiv, wie es im Wort Gottes diesbezüglich offenbart worden ist, ist gewiss das Motiv des Dienstes. Die Bibel ist ein Buch geistlicher Prinzipien. Welches ist der zentrale Gedanke des Thrones im Wort Gottes? Es ist der Dienst. Nehmt Josef als Beispiel. Da ist ein Mann, der durch die tiefe Disziplin, Frustration, Enttäuschung, Preisgabe, Einsamkeit und alle möglichen Widerwärtigkeiten hindurch schließlich zum Thron gelangte. Wir können sagen, er sei dort hinaufgestiegen. Es war ein moralischer und geistlicher Aufstieg. Es war nicht bloß offiziell, nicht einfach zufällig. Gottes Auge lag im Geheimen stets auf ihm, und nachdem der Herr ihn auf die Probe gestellt hatte («das Wort des Herrn stellte ihn auf die Probe» Ps. 105,19), und als diese Prüfung vollendet war, schickten sie hin und brachten ihn heraus, und er wurde zu einem Fürsten in Ägypten. Aber was stand damit in Beziehung? Die Geschichte ist so offensichtlich. Es war der Dienst. Es ging um das Leben von andern. Es war Brauchbarkeit in einer Zeit der Not.

Das war auch der ganze Gedanke im Falle von David. Es fing an jenem geringen Platz als Hirtenjunge an, der seine Schafe weidete; der Herr sah in sein Herz, und welch einen Aufstieg nahm er dann bis zum Thron! Wie viel Entmutigung, wie viel Frustration, wie viele Rückschläge, wie viel Herzzerbrechen durch all die Jahre unter der Herrschaft Sauls! Gejagt, vertrieben, verfolgt; es gab genug, um einen Mann sagen zu lassen: «Nun, es lohnt sich nicht. Ich gehe zu meinen paar Schafen zurück, zu einem ruhigen, persönlichen Leben. Zumindest das hatte ich einmal!» Doch er kehrte niemals zurück. Er ging vorwärts. Es war ein moralischer Aufstieg zum Thron. Als David den Thron erreichte, gelangte er dorthin, weil er sich als Mann nach Gottes Herzen erwiesen hatte. Es war eine innere, geistliche Geschichte, die sich da entwickelt hatte. Er gelangte dorthin, aber als er dort war, was bedeutete das alles? Es ist nicht einfall ein Fall von David in einsamer Isolation auf dem Gipfel des Baumes, nachdem er alle seine persönlichen Ambitionen ausgeführt und verwirklicht hatte. O, seht doch das Gute, den Nutzen, den Reichtum die Fülle für das Volk Gottes! Erst als David auf den Thron kam, erlangte Israel wirklich seine Bestimmung, seine Fülle. Seine Herrschaft, und der frühe Teil der Herrschaft seines Sohnes, Salomos, war der Höhepunkt von Israels Geschichte. Weit wunderbarer, als wir, ihr und ich, jemals wahrgenommen haben, war diese Herrschaft. Es gab Mächte, Königreiche, Herrscher, die ihren Grund behalten konnten und die das Volk Gottes buchstäblich während Jahrhunderten bedrohten. Niemand, nicht einmal Josua, konnte sie besiegen, und bis in die Zeit der Richter konnten sie ihren Grund halten im Umkreis dieses Landes Kanaan. Doch als David den Thron bestieg, wurde jedes einzelne von ihnen unterworfen. Sein Königreich war ein weitläufiges Königreich von einem großen Triumph, wie es ihn zuvor noch nie gegeben hatte. Ja, das, was der Thron repräsentiert, ist für das Volk des Herrn nützlich, und es ist durchwegs Dienst.

Dann kommt ihr zum Neuen Testament, und ihr findet dort die Sache deutlich zum Ausdruck gebracht: «Als er hinaufstieg, nahm er die Gefangenschaft gefangen und hat den Menschen Gaben gegeben... und er gab einige als Apostel; andere als Propheten; andere als Evangelisten, und andere als Hirten und Lehrer» (Eph. 4,8-11). Ist das nicht Dienst im Zusammenhang des Aufsteigens?

Kommt weiter zur Offenbarung. «Diese sind es, die aus der großen Trübsal kommen, und sie haben ihre Kleider gewaschen und haben sie weiß gemacht im Blut des Lammes. Darum sind sie vor dem Thron Gottes; und sie dienen ihm Tag und Nacht in seinem Tempel» (Offenb. 7,14-15). Aufwärts zum Dienst, Aufstieg und Dienst - es ist ein Prinzip. Wir könnten die Schrift herbeiziehen, um das noch viel vollständiger nachzuweisen. Doch da ist es, ein göttliches Gesetz.

Geistliche Überlegenheit bringt Dienstbarkeit mit sich, Brauchbarkeit, und wir wissen sehr wohl, wie das in unserem gegenwärtigen Leben funktioniert. Ein Mann oder eine Frau, die geistlich am Boden sind, sind für den Herrn nicht von Nutzen. Nur in dem Maß, wie wir geistliche Überlegenheit gelernt haben - wie wir gelernt haben, über allen Dingen zu stehen, und wie wir den Feind unter unsere Füße treten - können wir dem Herrn irgendwie dienstbar sein. Unser Dienst ist nicht ein Dienst von Wahrheiten, Worten, Lehren, Ideen. Er ist der Dienst des Lebens, des Auferstehungslebens, des Lebens in der Erhöhung. Das heißt, es ist das Leben, das überwindet, es ist die Kraft der Überlegenheit, und wir haben damit zu dienen. Das ist die Wirkung des Lebens.

Wenn wir zusammenkommen, und das Leben des Herrn ist ein einem gewissen Maß unter uns, was ist dann seine Wirkung? Wir fühlen uns alle erhoben. Ihr werdet nie mit Leben dienen, wenn ihr die ganze Zeit am Boden seid. Wir können dem Herrn nicht wirklich dienen, es sei denn, wir lernen, was es heißt, zu überwinden - was bloß ein anderes Wort für geistliche Überlegenheit ist. Es ist das Geheimnis des Dienstes.


Die Überlegenheit ständig angegriffen

Nun, ist das nicht gerade der Brennpunkt aller feindlichen Angriffe und Attacken? Warum führt er Situationen herbei, um das Volk Gottes unterzukriegen? Warum all die Streitereien unter christlichen Mitarbeitern, warum die Meinungsverschiedenheiten und Abneigungen? Warum Situationen, bei denen es unmöglich ist, mit dem oder dem weiterzufahren? O ja, Schande über uns, dass es so ist, aber das ist die traurige Geschichte des christlichen Werkes. Warum all diese zahllosen Methoden und Wege des Feindes, um das Volk Gottes unterzukriegen? Einfach deshalb, um sie ihrer Brauchbarkeit für den herrn zu berauben, um ihrem Dienst für ihn ein Ende zu bereiten, um den Weg freizumachen, damit der Tod der Macht des Lebens entgegenwirken kann. Wir wissen sehr wohl, dass unsere Brauchbarkeit für den Herrn eine sehr praktische Sache ist, und sehr oft hängt sie davon ab, dass wir hingehen und uns vor einem andern demütigen, dass wir von unserem Podest herunterkommen und uns sehr demütig herunterlassen und zugeben, dass wir falsch gehandelt haben. Selbst wenn wir nichts Falsches getan haben, bedeutet es doch manchmal, den Platz von einem einzunehmen, der falsch gehandelt hat, im Bemühen, eine Situation zu klären, irgend jemandes Füße zu waschen, wenn nur dadurch der Weg zur Freisetzung des göttlichen Lebens gesichert werden kann. Es ist etwas sehr Praktisches, diese Angelegenheit des «nach Zion Hinaufsteigens». Es ist nicht bloß Poesie, keine bloße, wunderschöne Idee. Es ist jeden Tag da, und unsere Brauchbarkeit und unser Dienst für den Herrn kann durch eine scheinbar kleine praktische Sache des täglichen Lebens aufgehalten werden. Nichts ist gering, wenn es unsere Brauchbarkeit für den Herrn einschränkt. Was wir die kleinste Angelegenheit nennen mögen, hat keine geringere Bedeutung als die Freisetzung des machtvollen Lebens Gottes in das Leben von andern hinein. Das macht alles sehr groß. O, wenn wir nur ein ausreichendes Motiv hätten, uns um Dinge zu kümmern! Unser Motiv ist nicht groß genug. Wir haben eine Situation als etwas für sich selbst genommen. Wir haben etwas als etwas bloß Menschliches betrachtet, als etwas ganz Natürliches, als irgend ein Ereignis. Es mag etwas sein, das dem Menschen sehr vertraut ist, etwas, zu dem wir von Natur aus leicht hinneigen, doch gelang es uns nicht, zu erkennen, dass dahinter große Dinge, weitreichende Interessen stecken. Der Feind das alles. Wir sollten nicht glauben, der Feind werde sehr große Dinge unternehmen, um uns heraus zu bekommen, wenn er sein Ziel auch durch unbedeutende Dinge erreichen kann. Manchmal denken wir, eine Sache sei so unbedeutend, dass da der Teufel natürlich nicht drin steckt; er befasst sich doch mit größeren Dingen als nur damit! Doch wenn es zum Ziel führt, ist seinem Vorsatz am besten gedient, wenn er sich nicht allzu sehr hervortut. Wenn er euch aufregen und auch schon nur dadurch, dass er jemanden etwas Unbedachtes sagen lässt, euch aus dem Geist, auch aus der Brauchbarkeit für den Herrn herausholen kann, wenn nur das Ziel erreicht wird, ist das ebenso gut, als hätte er all seine diabolischen Mächte zusammengerufen und sie über euch konzentriert. Warum sollte er das tun, wenn er schon durch einen bloßen Satz Erfolg haben kann? Es ist das Ziel, auf das er es abgesehen hat.

Der Anstoß zur Überlegenheit ist Dienst, ist Brauchbarkeit für den Herrn. Und schließlich ist die Überlegenheit die Ausführung der Erhöhungs-Vereinigung (ascension union) mit unserem Herrn, und alles kommt von da her. Der erhöhte Herr im Himmel: Alles strömt von da aus. Aber wie kann er die Vorsätze und Möglichkeiten seiner glorreichen Erhöhung erfüllen, wenn er kein Volk in Erhöhungs-Vereinigung (ascension union) mit ihm bekommen hat, durch das er sie vollbringen kann?

Wir wollen den Herrn bitten, er möge diese Sache in unsere Herzen hineinschreiben - dass es die geistliche Überlegenheit ist, die so wichtig ist, damit der Herr imstande ist, sich in Fülle zum Ausdruck zu bringen; denn, wenn ihr noch einmal einen Blick darauf werft, stellt ihr fest, dass Zion das Symbol für geistliche Fülle ist.

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