von T. Austin-Sparks
Kapitel 7 - Die Nahende Große Erschütterung
Während der Verfasser dieses Briefes (an die «Hebräer») sich dem Abschluss nähert, nachdem er große und schreckliche Warnungen bezüglich der Gefahr ausgestoßen hat, der Gefahr zu erliegen, dass man die Wahrnehmung des vollen Vorsatzes und der Bedeutung Gottes in Christus verfehlt, fasst er alles zusammen in eine prophetische Vorhersage, die in sich selbst eine umfassende Warnung darstellt.
«Seine Stimme erschütterte damals die Erde; nun aber hat er eine Verheißung gegeben, indem er spricht: «Noch einmal erschüttere ich nicht allein die Erde, sondern auch den Himmel»! Dieses «noch einmal» deutet aber hin auf die Beseitigung der Dinge, die erschüttert werden, als solche, die erschaffen worden sind, damit die Dinge bleiben, die nicht erschüttert werden können» (Hebr. 12,26-27).
Es ist nötig, dass wir sicher sind, dass dies tatsächlich noch eine zukünftige Anwendung haben wird, dass es also nicht durch die Zerstörung Jerusalems und die Zerstreuung der Juden erfüllt wurde, die unmittelbar bevorstanden, als der Brief geschrieben wurde. Zweifellos fand sie eine teilweise Erfüllung in diesem schrecklichen Ereignis, aber, wie so oft im Falle einer Prophetie, gab es da nicht einen doppelten Aspekt, wie das bei zwei herausragenden Beispielen im Neuen Testament zweifellos der Fall ist? Eines ist die Stelle, wo unser Herr in Nazareth Jesaja 61 zitiert, aber bei «ein angenehmes Jahr des Herrn» aufhörte und nicht bis zu «der Tag der Rache unseres Gottes» weiterging (Lk. 4,18-19). Die andere ist das Zitat von Joel betreffend den Tag von Pfingsten (Apg. 2,16-21). Diese Prophetie wurde zu jenem Zeitpunkt möglicherweise noch nicht vollständig erfüllt, sondern nur teilweise.
Wenn wir den Abschnitt in Haggai (2,6.9) betrachten, der im Hebräerbrief zitiert wird, werden wir genügend Gründen finden, um zu bezweifeln, das dies schon erfüllt worden ist.
«Noch einmal, eine kurze Weile, werde ich den Himmel und die Erde erschüttern, das Meer und das trockene Land; und ich werde auch alle Heidenvölker erschüttern, und das Ersehnte aller Heidenvölker wird kommen, und ich werde dieses Haus mit Herrlichkeit erfüllen, spricht der Herr der Heerscharen ... die letzte Herrlichkeit dieses Hauses wird größer sein als die erste, spricht der Herr der Heerscharen».
Kein einziger Teil dieser Prophetie ist bis jetzt buchstäblich in Erfüllung gegangen. Wenn der Apostel diese Prophetie eher in Bezug auf die ZERSTÖRUNG des Tempels angewandt sehen wollte als auf dessen Erfüllung mit Herrlichkeit und Frieden, dann bleibt vieles zu Wünschen übrig, sowohl was den biblischen Gebrauch, als auch die Interpretation und die Erfüllung betrifft. Eine geistliche Interpretation des Pfingstgeschehens würde näher an die Gesichtspunkte heranführen - z.B. Himmel und Erde erschüttert; das Meer und das trockene Land (die Mengen der Völker); die Nationen; und die Nationen, die ihre Schätze einbringen; das Haus gefüllt mit herrlichkeit, etc. Doch auch dann bleibt der zukünftige Aspekt des 5. Verses in Kapitel 2 noch ungeklärt:
«Nicht Engeln hat er den kommenden bewohnten Erdkreis unterworfen, von dem wir sprechen».
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Das Ganze dieses Abschnittes sollte auf das «Reich, das nicht erschüttert werden kann» übertragen werden, zusammen mit «Gefährten einer himmlischen Berufung» (3,1). Es wird klar ersichtlich, dass das «noch einmal», wörtlich «nur einmal» im universellen Sinne noch vor uns liegt, ohne Zweifel steht es im Zusammenhang mit der Wiederkunft des Herrn.
Der letzte Vers von Kapitel 12 scheint dieses Argument noch zu verstärken - «denn (auch) unser Gott ist ein verzehrendes Feuer», und gewiss gehört dies zu den Ereignissen, von denen Petrus schrieb:
«der Tag des Herrn ... dann weden die Himmel mit Krachen vergehen, die Elemente aber vor Hitze sich auflösen und die Erde und die Werke darauf verbrennen. Da nun dies alles aufgelöst wird...» (2. Petr. 3,10.11).
«die Zeit (sei) gekommen, dass das Gericht beim Hause Gottes beginnt».
Indem wir nun, wie wir glauben, guten Grund dafür haben, dass diese große Erschütterung noch immer vor uns liegt, sind wir imstande, etwas über ihren Gegenstand, ihre Notwendigkeit und ihren Aufruf zu sagen.
Im Licht dieses ganzen Briefes, ja tatsächlich im Licht des gesamten neutestamentlichen Offenbarung ist der eine GEGENSTAND, durch den letztlich alles getestet und gerichtet wird, Christus, geistlich gesehen als die Konstitution von allem. Gottes einer, umfassender Vorsatz ist es, alles Christus gemäß konstituiert zu haben. Das heißt, es muss organisch sein, die eigentliche Natur und das Wesen Christi. Es kommt nicht durch Imitation, durch Duplikation oder Organisation zustande. Es entsteht nur durch Empfängnis, nicht durch Beobachtung. Dieses Reich «kommt nicht so, dass man es beobachten könnte». Daher muss es geistlich sein. Es muss von innen kommen, durch eine «Innengeburt». So ist also das Maß von Christus als das geistliche Leben und die geistliche Natur von allem und jedem, wie es von innen her wirkt, ist die Basis und der Standard von allen göttlichen Urteilen. Es wird nicht die gesunde Lehre sein, eine Extrawahrheit, Frömmigkeit, Eifer, viele Werke etc., sondern einzig Christus selbst, erkannt, gelebt und zum Ausdruck gebracht in der Kraft und Gnade des ewigen Geistes. Mit einem Wort, es wird eine Frage unseres echten geistlichen Lebens sein als geistliche Menschen in einer lebendigen und wachsenden Indentifikation mit Christus durch den Heiligen Geist. Gott hat sein ganzes Urteil auf das reduziert. «Er wird die Welt rechten durch ... Jesus Christus», und das nicht bloß amtlich, sondern geistlich - d.h. Christus ist nicht nur der Richter, sondern der Standard, nach dem geurteilt wird. Dies ist der Grund, warum die Offenbarung, die ein Buch der Gerichte ist, zuerst desjenigen über die Gemeinde, und dann über die Nationen, mit einer vollumfänglichen Präsentation Christi als dem Lebendigen beginnt. Dann zeigt sie, dass das Gericht sich nicht bloß mit DINGEN befasst, seien sie gut oder schlecht, sondern mit dem, was Christus ist, oder mit dem, was konstitutionell ihm feindlich gesinnt ist.
Wir waren in unseren früheren Kapiteln bemüht, zu zeigen, dass das Christentum weitgehend ein anderer Judaismus geworden ist, ein äußeres System und eine historische Tradition. Aber es ist mehr als nur dies geworden. In seinen Prinzipien, Methoden und Mittel hat es weitgehend mit diesem Weltzeitalter gleichgezogen. Hätten wir das Verlangen, uns mit dem negativen oder defekten Aspekt der Dinge zu beschäftigen, wäre es nicht schwierig, ganze Kapitel über die Schwächen des gegenwärtigen Christentums zu schreiben; doch wollen wir unsere Zeit und der zur Verfügung stehenden Raum lieber für die positive Linie verwenden. Dennoch möchten wir an unsere Brüder in der Verantwortung appellieren, ernsthaft vor dem Herrn über die wahre Natur und den Ursprung von so vielem nachzudenken, das die Propagandamittel und die Publizität des Werkes Gottes ausmacht. Wir wollen doch zur Kenntnis nehmen, welcher Vorrang Dingen wie menschlichen Ehrungen, Glorifizierungen, Titeln, Reputation, Auszeichnungen gegeben wird. Dass Menschen solche Dinge auf verschiedenen Gebieten des Lebens erlangt haben oder ihnen verliehen wurden - in Politik, Philanthropie, Industrie, Abenteuer, Krieg, Sport, Unterhaltung, wissenschaft, Kunst oder Erziehung - mag an sich völlig in Ordnung sein, aber dass diese Dinge so weitgehend dafür verwendet werden, dass an sie appelliert wird, bedeutet ganz einfach, dass Christus nicht genügt, dass seine Verdienste nicht als Grundlage dienen, sondern dass sie mit diesen natürlichen Ausschmückungen umgeben werden müssen. Muss Christus denn deshalb empfohlen, oder müssen seine Diener deshalb akzeptiert werden, weil in irgend einem menschlichen Zusammenhang das Wort «groß» auf menschliche Weise assoziiert wird?
Wiederum lasst uns aus demselben Grunde sehr vorsichtig sein, dass der Unterhaltungsgesichtspunkt nicht auf den heiligen Dienst übergreift. «Die das Vergnügen lieben» ist ein Endzeit-Charakteristikum, und das Zeitalter rennt Kopf voran genau dorthin. Ist es nötig, mit dem Zeitalter zu gehen, nur um attraktiv zu sein? Ist das Evangelium denn auf dieses Make-up angewiesen, um effektiv und herausfordernd zu sein?
Noch einmal: Lasst uns auf der Hut sein, dass wir nicht durch die Illusion der Größe fortgetragen werden. Manches von den einst machtvollen Instrumenten Gottes - persönlich oder kollektiv - hat seinen geistlichen Wert und Einfluss eingebüßt, als es groß und populär wurde. Es liegt ein satanischer Fallstrick in der Größe, und durch diese Illusion können wir leicht unsere Fähigkeit, zu sehen, wo Gott gerade sein tiefstes Werk tut, und wie er es tut, verlieren. Oft bleibt Gottes echtestes Werk verborgen. Es ist für viele Diener Gottes schwierig, wenn nicht gar unmöglich geworden, zu glauben oder zu verstehen, dass irgend etwas, von dem man Notiz nehmen soll, geschehen kann, außer es sei sehr bekannt und vollziehe sich vor den Augen der Öffentlichkeit.
Als David die Bundeslade auf einen neuen Wagen stellte, und die Dinge soweit gut liefen, bis sie zu einem schmählichen und tragischen Ende kamen, dann geschah dies nicht aus Mangel an Ernsthaftigkeit, Hingabe, Eifer, Energie oder Rückhaltlosigkeit, sondern weil er, unwissend, aus seinem Unbewussten eine Idee und Methode hervorholte, die ihren Ursprung bei den philistäischen Wahrsagern hatte. Jene Wahrsager hatten einst die Bundeslade auf einen neuen Wagen gesetzt, um sie so nach Israel zurückzuschicken. In einer Stunde der Schwachheit war David ins Land der Philister geflohen und wurde durch die Methoden und Mittel jener Welt infiziert. Als Gott den Bruch über Ussa kommen ließ, so dass er vor dem Herrn starb, wäre es im Lichte des (an den Tag gelegten) Eifers für den Herrn allzu hart und streng gewesen, wäre da nicht noch ein extra Faktor vorhanden gewesen. Dieser Faktor war die Beihilfe eines anderen geistlichen Systems, das sich hinter dieser «gegenwärtigen, bösen Welt» verbirgt, dessen Repräsentanten und Diener diese Wahrsager waren, und die Gott bereits mit Plagen belegt und verflucht hatte. (Lest die Geschichte in 1. Samuel 5,6,27; 2. Samuel 6). Es gab keinen Grund, weshalb Ussa hätte verschont bleiben, die Philister jedoch vernichtet werden sollen, wenn derselbe Faktor in beiden Fällen vorlag. Kein Maß an Eifer kann uns letztlich retten, wenn die (zugrunde liegenden) Prinzipien falsch sind. Doch beachtet, wie schlau eingefädelt das alles doch war. Es gab nicht den entferntesten Hinweis dafür, dass die Dinge grundsätzlich falsch lagen. Die Idee, die Bundeslade (die Lade des Zeugnisses) an ihren richtigen und endgültigen Platz zurückzuholen war richtig und völlig im Sinne Gottes. Die Ernsthaftigkeit und äußerste Entschlossenheit ließ nichts zu wünschen übrig. Das Motiv und seine Leidenschaft war völlig empfehlenswert. Aber irgendwo, irgendwie, war der Antichrist in der Anlage der Dinge (im Prinzip) verborgen wirksam: die Energie des Fleisches, das Seelenleben, durch Dinge aktiviert oder mit Beschlag belegt, die nicht vom Geist Gottes stammten. Wenn die Seele, welche die natürliche Seite des menschlichen Wesens ist, VORHERRSCHT, in irgend einer oder in jeder Hinsicht - intellektuell, gefühlsmäßig, oder willensmäßig - dann ist die Türe weit offen für die Verführung; und Verführung, was immer es auch sein mag, heißt nicht, dass es da keinen Eifer für Gott gibt, im Gegenteil: es geschieht mit Eifer, aber nicht nach Erkenntnis. Nur wenn das Kind Gottes durch seinen erneuerten Geist - nicht IN ERSTER LINIE durch seine Seele - im Heiligen Geist lebt und von ihm beherrscht wird, wird es sich der Dinge, «die sich unterscheiden», bewusst, selbst in seinem Dienst für Gott. David wurde schließlich eröffnet, was der Heilige Geist in der Schrift angezeigt hatte bezüglich Gottes Prinzipien des Dienstes, und er lernte durch die tragische Erfahrung, dass geistliche Prinzipien wichtiger sind als Eifer und Energie, obwohl diese nicht geringer zu sein brauchen, wenn die wahre Basis fest etabliert worden ist. Satan ist sehr schlau und wird sich mit unserem Eifer für Gott vermählen, wenn er dadurch schließlich Schande und Unehre in Gottes Zeugnis einschleusen kann.
Gott durchschaut es, und er möchte uns davor warnen. Dies Schwierigkeit jedoch ist weitgehend die, wie im Falle Davids, dass der Drang und die Hingabe in Verbindung mit einer großen Idee für Gott das stille Warten auf Gott und das Fragen nach dem, was er bezüglich der Mittel und Methoden, die anzuwenden sind, im Sinn hat, einfach überrennt. Der Punkt, an dem das Unglück vieles von dem, was sich in aller Ernsthaftigkeit für Gott engagiert, überfällt, ist all das, was uns keine Zeit lässt für eine ruhige Distanz, für ein nicht von Eile bedrängtes Warten auf Gott. Es mag zwar Gebet vorhanden sein, aber es ist ein Gebet, hinter dem das Drängen des Werkes steht, statt dass es umgekehrt läuft. Frage lautet: Habt ihr diese Methode, diese Mittel, dieses Programm am verborgenen Ort bei Gott empfangen, also direkt von ihm? Habt ihr alles zurückgestellt, bis alle Hitze und Eile dem Urteil des Heiligen Geistes unterworfen worden ist? Oder macht ihr einfach damit weiter, weil es ja für den Herrn ist?
Glaubt ihr, das Gericht komme einfach so über Menschen und Dinge? Gab es nicht genügend echte Hingabe für den Herrn bei David, Ussa und all den andern, um gegen das schreckliche Einbrechen des Herrn anzukommen? Wäre der Herr nicht langsam zum Zorn, wenn das alles wäre? Warum also dann diese Strenge Gottes? Warum muss das Gericht beim Hause Gottes beginnen? Es kann nicht wegen eines größeren oder geringen Grades an christlicher Güte oder christlichem Eifer sein. Es muss mehr darin sein als nur dies! Ja, da ist mehr, und wir haben bereits davon gesprochen. Das «Flammenauge» (Offenb. 1,14), «das verzehrende Feuer», sie haben eine Andeutung - im Prinzip oder Element - von dem großen BÖSEN gesehen, der bis zu dem Punkt verführen möchte, dass er Christus oder einen «Engel des Lichts» simuliert, damit - früher oder später - der echte Christus-Impakt neutralisiert werden kann.
Dies ist alles so relevant für unsere Betrachtung in diesen Kapiteln, und es steckt zweifellos hinter der schrecklichen Natur der Warnungen in diesem Brief. Wir könnten nie die schrecklichen Konsequenzen überbetonen oder übertreiben, die ein Versagen von Christen und christlichen Werken mit sich bringen würde, genügend Notiz zu nehmen von der Bedeutung in Vers 12 von Kapitel 4, verbunden mit Vers 9 von Kapitel 12.
Doch wenn alles gesagt worden ist, sowohl dort als hier, wollt ihr da aufhören, könnt ihr da überhaupt aufhören, einen sicheren Platz im Geist zu bekommen, oder seid ihr bereits so involviert, verpflichtet, getrieben, dass die «kleine, leise Stimme» des Geistes keine Chance mehr hat, gehört zu werden? Gerade in diesem ganzen Bereich der Dinge wird diese große Erschütterung ihre ersten Auswirkungen zeigen. Kürzlich wurde mir in Amerika aus gut unterrichteter Quelle berichtet, dass fünfzig Prozent aller Missionare, die auf einem Missionsfeld arbeiten, nach ihrem ersten Urlaub nicht mehr dorthin zurückkehren; sie kommen nicht mehr damit zurecht. Wenn dieses Verhältnis auch nur die halbe Wahrheit wäre, wäre es ein überraschendes - wenn auch kleines - Beispiel dafür, was die große Erschütterung bedeuten wird bezüglich der Sache des Entdeckens, wie viel von Christus effektiv hinter allem ersten Enthusiasmus und hinter allen wohlmeinenden Absichten war. Nicht weniger Eifer, Hingabe und Energie, aber mehr Tiefe, geistliches Maß und göttliches Verständnis liegt hinter dem Appell dieses Briefes - «lasst uns voran schreiten zum Erwachsenenalter».
Mit diesem Appell werden wir uns besonders im nächsten Kapitel beschäftigen.
In Übereinstimmung mit dem Wunsch von T. Austin-Sparks, dass das, was er frei erhalten hat, weitergegeben und nicht gewinnbringend verkauft werden sollte und dass seine Botschaften Wort für Wort reproduziert werden, bitten wir Sie, diese Botschaften mit anderen zu teilen und frei anzubieten, um seine Wünsche zu respektieren - frei von jeglichen Änderungen, kostenlos (außer notwendigen Vertriebskosten) und mit dieser Erklärung inklusive.