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Gottes Reaktionen auf die Abweichungen des Menschen - Teil 2

von T. Austin-Sparks

Kapitel 5 - Die geistliche Basis des Christenlebens

Als Christen leben wir heute in der vollen Entwicklung dessen, was Paulus befürchtete. Es ist weitgehend - obwohl, Gott sei Dank, noch nicht vollständig - in der heutigen Christenheit gegenwärtig. Aber es ist sehr notwendig zu erkennen, dass dies in unserem ganzen Christenleben eine ständige Tendenz ist. Wir, ihr und ich, können, wie jeder andere, in diese Gefahr geraten: In der Tat - dies zu vermeiden ist die größte Schwierigkeit, die jeder Christ hat, und die gewiss jede Gemeinschaft von Christen hat - die Entartung zu einem bloß formalen System, zu einer bloß äußeren Ordnung, zu etwas Organisiertem und Institutionellem. Völlig unbewusst, oft vollkommen unbeachtet bewegen wir uns weg von der wesentlich geistlichen Natur unseres Lebens. Ich denke, ihr merkt, dass dies eine Warnung ist, die heute durchaus ihren Platz hat, als Schutzmaßnahme und als Mittel der Wiederherstellung.

Wir wollen nun durch diese Briefe an Timotheus unseren Horizont ein bisschen erweitern, und uns in den weiteren Bereich dieser Angelegenheit führen lassen. Wir werden feststellen, dass wir uns in eine sehr große Sphäre in dieser speziellen Beziehung hinein bewegen werden. Diese Briefe werden uns ganz natürlich dort hin führen. Wir greifen noch einmal den rückblickenden Gesichtspunkt in diesen Briefen auf, indem wir auf die Anfänge, auf die Grundlagen, zu den Wesentlichen Dingen zurückblicken. In unserem letzten Kapitel beschäftigten wir uns damit, dass wir auf Jesus zurückblickten: «Haltet im Gedächtnis Jesus Christus». Nun wollen wir einen Blick zurück werfen auf die eigentliche Basis des Christenlebens, wie Jesus es gezeigt hat; aber lasst uns den Timotheusbrief durchgehen.

Zurück zu den Anfängen

Wenn wir einen Blick in diese Briefe werfen, stellen wir fest, dass Paulus Timotheus an bestimmte Dinge erinnert - und zwar mit starken Worten erinnert - welche die Wurzel seines eigenen Lebens und seines Dienstes für den Herrn bildeten. Wir haben Fragmente wie diese: «gemäß den früher über dich ergangenen Weissagungen» - wörtlich: «den Verheißungen, die schon früher den Weg zu dir gefunden haben» (1. Tim. 1,18); in moderner Sprache heißt das: «gemäß den prophetischen Andeutungen, die dich betreffen». Wenn ihr den Kontext betrachtet, könnt ihr feststellen, dass auf die Zeit Bezug genommen wird, als Timotheus unter die Salbung für den Dienst, für die Verkündigung, für seinen aktiven Teil am Evangelium gekommen war. Der Apostel ruft dieses große Prinzip, die große Wahrheit und das Fundament seines Lebens und Dienstes ins Gedächtnis. Ferner: «O Timotheus, bewahre das anvertraute Gut» (1. Tim. 6,20); «entfache die Gnadengabe wieder... die in dir ist» (2. Tim. 1,6). Wiederum wird hier auf eine bestimmte Zeit zurück verwiesen. «Was du von mir gehört hast» (2. Tim. 2,2); «Bleibe in dem, was du gelernt hast» (3,14). Seht ihr, all das verweist Timotheus auf etwas, das zurückliegt. Paulus beruft sich auf die Vergangenheit, er beruft sich auf die Fundamente, er beruft sich auf das, was gewesen ist. Im Grunde sagt er: «Nun, Timotheus, das muss verstärkt werden, das muss konsolidiert, das muss bestätigt werden angesichts der gegenwärtigen Tendenzen und Gefahren, angesichts des gegenwärtigen Verlaufs der Dinge. All das muss aufs neue auf den Tisch gelegt und neu festgemacht werden. Wir nehmen eine Kurve auf der Straße, und das ist stets ein gefahrvoller Ort und ein gefährlicher Moment, und da müssen wir bei einer solchen Gelegenheit bestärkt werden durch das, was in der Vergangenheit von Gott gewesen ist.»

Nun, ich will mich nicht bei diesen Stellen aufhalten. Ich greife nur diesen Faktor des Rückblicks und der Zusammenfassung auf, was bedeutet, das, was gewesen ist, zu verstärken, mit der Zukunft, dieser gefahrvollen Zukunft, im Blick. Worauf läuft das alles hinaus? Wenn ihr noch etwas genauer hinschaut, stellt ihr fest, dass sich alles auf den Heiligen Geist bezieht. All das bedeutet im Grunde, dass am Anfang alles durch den Heiligen Geist kam; dass, um ein anderes Wort zu verwenden, alles durch die Salbung geschah. «Timotheus, du stehst, wo du jetzt bist, wegen dieser ursprünglichen Salbung, weil am Anfang der Heilige Geist etwas in dir und mit dir gemacht hat. Timotheus, deine Verkündigung und dein Dienst sind bisher wegen des Heiligen Geistes möglich gewesen. Nun, die Gefahr und die Tendenz zu diesem Zeitpunkt besteht darin, dass man von dieser Grundlage abweicht, und dass eine andere Basis der Dinge aufkommt, die ihrem Wesen nach nicht geistlich ist - es ist etwas anderes». Es ist sehr wichtig, dass wir dies erkennen. In Klammern kann ich beifügen, dass ich nie zuvor in meinem Leben einen solchen Kontrast unter Christen und in der Christenheit gesehen habe, wie er heute existiert, und genau das ist der eigentliche Grund und die Wurzel aller Schwierigkeiten. Es ist ein Unterschied, und zwar nicht zwischen den Christen und der Welt, sondern innerhalb des Christentums selbst, zwischen dem, was geistlich und was natürlich ist. Und genau darauf sollten wir achten.

Das Evangelium der Geistlichkeit

Nun, damit es uns hilft, müssen wir unseren Rückblick noch weiter zurück verlegen. Wir müssen bis ins Johannesevangelium zurück. Ich sagte vorhin, dass Timotheus uns ganz natürlich in einen erweiterten Bereich hineinführe: und doch führt uns Timotheus nicht einfach nur rückwärts. Ihr wisst, dass das Johannesevangelium lange nach den beiden Timotheusbriefen verfasst wurde. Obwohl der zweite Brief an Timotheus das allerletzte ist, was Paulus je geschrieben hat, war es doch erst Jahre danach, dass Johannes sein Evangelium, seine Briefe und seine Offenbarung schrieb. So führt uns Timotheus eigentlich hinein in die volle Entwicklung dieser anderen Sache. Ich frage mich, ob ihr das je begriffen habt. Wir schlagen das Neue Testament und der bekannten Anordnung, wie wir sie vorfinden, und wir sagen: «Nun, natürlich sind die ersten Dinge im Neuen Testament die vier Evangelien - Matthäus, Markus, Lukas, Johannes: das ist der Anfang des Neuen Testament»; doch habt ihr je erkannt, dass das vierte von ihnen lange nach allem übrigen im Neuen Testament geschrieben wurde? Wolltet ihr das Neue Testament chronologisch zusammenstellen, müsstet ihr das Johannesevangelium ganz am Ende einfügen.

Nun, seht ihr, was das bedeutet? Warum verfasste Johannes sein Evangelium, seine Briefe und seine Offenbarung als die letzten Schriften des neutestamentlichen Zeitalters, der neutestamentlichen Zeit? DAS JOHANNESEVANGELIUM WURDE GESCHRIEBEN, ALS JENE ANDERE ART VON CHRISTENTUM BEINAHE AUSGEWACHSEN WAR - DIESE ANDERE ART VON CHRISTENTUM, DIE NICHT GEISTLICH, SONDERN NATÜRLICH IST. So müsst ihr das Johannesevangelium im Licht der Situation lesen, die in der Gemeinde existierte, als es geschrieben wurde, sonst versteht ihr seine Botschaft, seinen Wert, nicht richtig. Es ist ein einziger großer Rückruf zur Geistlichkeit. Dieses Johannesevangelium ist, wie wir wissen, das geistliche Evangelium. Es beschreibt nicht bloß das irdische Leben von Jesus: alles hier ist von geistlicher, himmlischer, ewiger Bedeutung, überhaupt nicht von der Erde und der Zeit.

Ihr stellt fest, wie es beginnt. Nehmt das dritte Kapitel. Das dritte Kapitel des Johannesevangelium wurde geschrieben, als die Gemeinde ihre erste Liebe, ihre ursprüngliche Stellung, verlassen hatte; als die Christenheit ein vollständig anderes Gesicht angenommen hatte im Vergleich zu dem, das es am Anfang hatte. Dieses Kapitel ist der Ausdruck eines fundamentalen Prinzips des Christenlebens, was wiedergewonnen werden muss. Wir kennen dieses Kapitel, oder zumindest glauben wir, es zu kennen. Natürlich kennen wir die Worte. Vielleicht langweilt uns dieser Name Nikodemus fast ein wenig. Und doch - ich übertreibe nicht, bitte glaubt es mir - ich sage die Wahrheit, wenn ich sage, dass ich zu diesem Johannesevangelium zurückkomme, nachdem ich es schon lange kenne, gelesen, studiert, darüber gesprochen habe, und dies seit vielen, vielen Jahren, und doch habe ich den Eindruck, dass wir dies noch immer nicht begriffen haben - die Gemeinde hat nicht nicht begriffen, was hier steht. Es wäre unmöglich, dass die gegenwärtige Situation unter Christen und im Christentum ganz allgemein existieren könnte, wenn das, was im dritten Kapitel des Johannesevangeliums steht, wirklich zutreffen würde! Ich übertreibe nicht; ich kann das nicht stark genug betonen.

Und so, mit dem Risiko, von Dingen zu sprechen, die ihr angeblich bereits wisst, wollen wir uns diese Worte noch einmal vornehmen. Wir wollen nicht das ganze Kapitel lesen, sondern bloß den folgenden Abschnitt betrachten. «WAS AUS DEM FLEISCH GEBOREN IST, DAS IST FLEISCH; UND WAS AUS DEM GEIST GEBOREN IST, DAS IST GEIST. WUNDERT EUCH NICHT, DASS ICH EUCH GESAGT HABE, IHR MÜSSTET VON NEUEM GEBOREN WERDEN» (Die Randlesart sagt: «von oben her»). DER WIND WEHT, WO ER WILL, UND DU HÖRST SEIN BRAUSEN, ABER DU WEISST NICHT, WOHER ER KOMMT UND WOHIN ER GEHT..» («Das ist für euch ein Geheimnis, ihr wisst es einfach nicht...»): «SO IST JEDER, DER AUS DEM GEIST GEBOREN IST».

Ein neues Wesen

Zuerst einmal haben wir ein bestimmtes Wesen: «Was aus dem Fleisch geboren ist, ist Fleisch». Das ist ein Wesen. Das ist auf der natürlichen Seite nicht schwer zu verstehen. Jedes kleine, neugeborene Baby ist ein Wesen aus Fleisch: Es ist etwas recht Konkretes, etwas ganz Bestimmtes, ihr findet nicht zwei, die sich in jeder Hinsicht gleich sind. Soweit es das Fleisch und das Natürliche betrifft, ist das, was geboren wird, ein ganz bestimmtes, konkretes Wesen - das wissen wir. Und genauso ist das, «was aus dem Geist geboren wird», ein bestimmtes, deutliches, konkretes Wesen, zwar vollkommen anders, aber absolut real. Dieses Wesen, das aus dem Geist geboren worden ist, ist etwas ganz Bestimmtes und vollkommen verschieden von dem, was aus dem Fleisch geboren ist. Mit der Neugeburt jedes Gotteskindes ist ein geistliches Wesen ins Dasein getreten, das völlig verschieden ist von dem Wesen und der Konstitution des Natürlichen, doch ebenso real, ebenso bestimmt.

Ich wiederhole: Sehr sehr wenige Christen scheinen dies zu verstehen oder zu wissen. Wir sind etwas «beigetreten», wir haben uns «dem Christentum angeschlossen», wir sind zur «christlichen Religion übergetreten» - nennt es, wie ihr wollt. Es ist etwas Objektives; wir sind zu einer anderen Interessensphäre und Aktivität und zu einem anderen Lebenswandel übergegangen. Das ist die Vorstellung vom Christentum. Der Herr Jesus sagt hier - was das Neue Testament durchwegs bestätigt - dass das etwas vollständig Anderes ist; es ist kein weiteres Stück von der Ordnung des Natürlichen, es ist geistlich; das Natürliche und das Geistliche gehören zwei verschiedenen Ordnungen und Königreichen an. Das ist der Kontext dieser Worte. Und darum ist jedes wiedergeborene Kind Gottes, der innersten Wahrheit ihrer Person gemäß, ein anderes Wesen. Es ist nicht so, dass sie irgend etwas « angenommen» hätten, oder «in etwas hineingeraten» wären. Ich habe oft das Wort « Spezies» verwendet - sie sind eine andere Art von Person ihrem Wesen nach, mit einer andern Konstitution, etwas, das durch den Heiligen Geist, den Geist Gottes, konstituiert wurde, und dies ganz von oben.

Die Leute reden heute davon, den Mond zu besuchen. Am Ende des Jahrhunderts werden die Leute vielleicht auf dem Mond gelandet sein - aber nicht mit ihrer ungeschützten, irdischen Konstitution! Kein Mensch, wird, so wie er ist, das je fertig bringen. Er benötigt einen Apparat, der aus ihm, im Bilde gesprochen, zu einer anderen Art von Person macht, um dort draußen überhaupt leben zu können. In diesen Bereich hinauszugehen, so wie er ist, wäre ein Desaster, würde Vernichtung bedeuten. Und wir, ihr und ich, werden nie imstande sein, ohne eine neue Konstitution in den Himmel zu gelangen, übrigens auch nicht mit einer künstlichen! Diesbezüglich gibt es kein Make-up! Es muss etwas Wesensmäßiges sein. Es besteht ein klarer Graben, breit und unüberbrückbar, zwischen dem, was wir von Natur aus, und dem, was wir als Kinder Gottes sind.

Wenn ihr wirklich ein Kind Gottes seid, wenn ihr zum Herrn gekommen seid, wenn ihr wirklich die Erfahrung der Errettung gemacht habt, dann wisst ihr, dass mit euch etwas geschehen ist. Das erklärt, was geschehen ist. Und der Heilige Geist sagt: «Schau, die Dinge sind von dieser Basis weggekommen». Dazu müssen wir zurückkehren. Wir müssen aufs Neue diesen großen Unterschied und die Trennung zwischen dem, was im Christentum natürlich, und dem, was geistlich ist, erkennen. Es gibt wenig Dinge, die wichtiger sind als dies, dass wir als Christen imstande sein sollten, den grundlegenden Unterschied zu erkennen, der zwischen dem besteht, was natürlich, und dem, was geistlich ist. Wir haben eine neue Konstitution, eine andere Konstitution, und dies durch den Heiligen Geist.

Das Natürliche gegen das Geistliche

Der natürliche Mensch versucht stets, die Dinge auf eine natürliche Basis zu bringen. Er muss alles auf die Grundlage der natürlichen Vernunft bringen. Er muss imstande sein, die Dinge vernünftig durchzudenken, zu verstehen, die Sache mit seinem Verstand zu erfassen. Ein großes Stück des Christentums besteht schlicht darin, dass der Mensch von der Bibel, von der christlichen Wahrheit, der christlichen Lehre, irgendwelcher christlicher Dinge Besitz ergreift und sie durch seine natürliche Vernunft interpretiert und anwendet. Und das Wort ist diesbezüglich so deutlich wie überhaupt möglich: Die Türe ist für diesen Weg verschlossen, die Türe ist ZU. GOTT hat die Türe verschlossen. Ihr durchdringt überhaupt nichts durch die Kraft eurer Vernunft, wie groß diese auch sein mag - kein bisschen!

Seht euch unseren Freund, Nikodemus, an. Er steht für alle Zeiten als ein Beispiel da. «Wie kann ein Mensch... wie ist das möglich»? Ein guter Mann, ein kluger Mann, in intellektueller Mann, ein religiöser Mann, aber draußen vor der Tür. Die Türe ist absolut verschlossen. Nun, ihr könnt das überall anwenden. Der Mensch mag äußerst fromm, äußerst hingegeben, äußerst religiös sein; er mag ein glühender Fundamentalist sein, ein Champion der christlichen Lehre; und doch ist alles bloß im Bereich seiner intellektuellen Fähigkeit und Fassungskraft. Da gibt es eine Welt, die ihm verschlossen bleibt, von der er wenig oder nichts weiß. Er hat «die Stimme gehört», aber «er weiß nicht». Er hat den Klang gehört, und hat den Klang für die Summe gehalten: aber da gibt es ein Geheimnis, das sich noch immer außerhalb seines Königreiches befindet; und das Ergebnis davon ist, dass es gute, ja, hingegebene, realistische und ernsthafte Leute gibt, die im Bereich der christlichen Dinge leben, und dennoch geistliche Menschen nicht verstehen können, die die Dinge des Geistes überhaupt nicht verstehen können. Geistliche Dinge werden für den natürlichen Sinn stets ein Geheimnis, ein Rätsel, bleiben.

«Haltet im Gedächtnis Jesus Christus». Der Unterschied zwischen Jesus und den jüdischen Führern in ihrer radikalen und fast fanatischen Hingabe an die Religion, war überhaupt kein Unterschied der Religion. Es war nicht so, dass er religiöser gewesen wäre als sie. Es war vielmehr der Unterschied zwischen dem Geistlichen und dem Natürlichen in der Religion. Für sie war er ein Rätsel, er war ein Geheimnis - und natürlich lag er vollkommen falsch. Er konnte nicht recht haben, denn, seht ihr, die natürliche Vernunft sagt dies und jenes; doch wie weitab lagen sie da. Nun, habt ihr den Punkt erfasst? Er ist außerordentlich wichtig. Ein echter Wandel mit Gott im Geist, ist, auch wenn er natürlich nie der Schrift widerspricht sondern stets mit dem Wort Gottes konform geht, unter Christen sehr oft sehr einsam. Die Tragödie ist die, dass es überhaupt soweit kommt, aber leider ist es eben oft so. Was ist also Geistlichkeit? Es ist zuallererst eine grundsätzliche Veränderung im Wesen, in der Person; das ist Geistlichkeit. Danach hat es viele Auswirkungen.

Die Souveränität des Geistes

«Der Wind weht, wo er will, und du hörst sein Rauschen, aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er geht: so ist jeder, der aus dem Geist geboren ist». Ein souveränere Akt des Heiligen Geistes. Das bringt uns zu jenem anderen Fragment zurück: «Was aus dem Fleisch geboren ist, ist Fleisch», und auch zu jenem früheren Fragment in diesem Johannesevangelium, das es so klar macht und solchen Nachdruck darauf legt: «... die nicht aus dem Fleisch, nicht durch den Willen des Mannes geboren sind, sondern aus Gott» (1,13). Das liegt vollständig in den souveränen Händen des Heiligen Geistes ist den Menschen aus der Hand genommen worden. Ihr könnt euch nicht selbst bekehren, und ihr könnt auch niemand anderen bekehren; ihr könnt euch selbst nicht in diese andere Kreatur verwandeln, in diese neue Schöpfung, und ihr könnt auch niemand anderen verwandeln. Und ihr könnt auch nie sagen, wann es geschehen soll, weder für euch selbst, noch für jemand anderen. All das ist eine Sache des souveränen Geistes. Wenn der Wind sich entschließt, zu wehen, dann kündigt er es auch nicht einen Tag zuvor an. Er weht einfach, und wenn er weht, könnt ihr nicht sagen: «Du hast den Zeitpunkt verpasst, du bist zur falschen Zeit gekommen - das ist nicht der geeignete Augenblick». Er weht einfach, und das ist alles, was es dazu zu sagen gibt.

Nun, ihr berührt hier ein Prinzip: Die Souveränität des Geistes, wie sie durch die Souveränität des Windes dargestellt wird. Ihr wisst sehr wohl, dass es nutzlos ist, sich dem Wind entgegenzustellen, wenn er sich entschließt, zu wehen. Übertragt dieses Prinzip nun auf das Neue Testament, und da könnt ihr dreimal lesen: «Und der Herr fügte der Gemeinde solche hinzu, die gerettet wurden...», «es wurden ihnen hinzugefügt», «es wurden dem Herrn hinzugefügt». Wer fügte hinzu? Fügten die Apostel hinzu? Nein, absolut nicht. Der Herr fügte hinzu. Es besteht ein riesiger Unterschiede zwischen dem, dass man uns sagt, wir sollten hingehen und uns einer Gemeinde anschließen, und dem, dass der Herr uns Christus hinzufügt, oder zwischen dem, dass wir etwas beitreten, das wir Gemeinde nennen, und dem, dass wir dem Herrn hinzugefügt werden. Wir können uns nicht aus eigenem Willen Christus anschließen, einfach, wenn wir es wollen, oder glauben, wir könnten uns einfach dazu entschließen, denn Christus hinzugefügt zu werden bedeutet, dass wir aufgrund eines anderen Prinzips rekonstituiert werden, und das steht nicht in unserer Macht. Es ist der Herr, der das tun muss, so dass das Hinzufügen sein souveräner Akt ist: Und wenn er sich entschließt, es zu tun, ist es einfach wunderbar, nicht wahr? Und wenn er sich dazu entschließt, es nicht zu tun, könnt ihr euch zu Tode arbeiten, und dennoch wird nichts geschehen. Das ist das Werk des Herrn.

Betrachtet den Pfingsttag. Der Wind wehte damals - ein mächtig daher brausender Wind. War es Souveränität? «Und an jenem Tag wurden etwa dreitausend Seelen hinzugefügt». Das war die Souveränität des Geistes. Wie weitreichend ist doch die Anwendung dieser Tatsache! O, stünde doch das Christentum heute auf dieser grundlegenden Basis - auf der absoluten Souveränität des Heiligen Geistes! Warum ist es nicht so? Wegen der gegenwärtigen Souveränität des Natürlichen, weil sich der natürliche Mensch wieder ins Christentum eingeschlichen hat.

Eine neue Fähigkeit

Lest nochmals Johannes 3. Wie wir gesehen haben, finden wir hier eine neue Konstitution, ein neues Wesen - «was aus dem Geist geboren ist». Auch haben wir hier die Souveränität des Geistes: Er weht, wo er will, und es besteht stets ein Geheimnis, ein herrliches Geheimnis um ihn und sein Werk. Aber beachtet ferner, dass es auch eine Frage der Kapazität ist. Zu Nikodemus sprach der Herr: «Bist du nicht ein Lehrer in Israel, und doch verstehst du diese Dinge nicht? ... Wir reden von dem, was wir kennen... wenn ich euch von irdischen Dingen berichte, und ihr glaubt mir nicht...». Warum, wenn du nicht einmal das Geheimnis des Windes verstehst - und das ist doch bloß ein natürliches Phänomen, eine irdische Sache, die doch zu deiner vernünftigen Welt gehört - wenn du nicht einmal damit klar kommst, was wir erst dann sein, wenn ich euch von himmlischen Dingen berichte?» «Wir reden von dem, was wir kennen».

Merkt ihr, worum es geht? Hier haben wir einen Unterschied in der Kapazität, eine neue und andersartige Fähigkeit der Erkenntnis, der Wahrnehmung, der Erfassung und des Verständnisses. Es ist eine geistliche Fähigkeit, für geistliche Dinge. Ich weiß, dass viele von euch damit vertraut sind; es ist nichts Neues. Aber es besteht die dringende Notwendigkeit, dass wir dies aufs Neue ins Bewusstsein der Christenheit bringen. Ich bin sicher, dass es noch nicht von sehr vielen Christen erfasst worden ist, selbst nicht von solchen, die schon lange Christen sind, dass nämlich schon aufgrund ihrer Konstitution als Kinder Gottes von ihnen erwartet wird, dass sie eine Fähigkeit besitzen, die sie befähigt, geistliche Dinge zu erfassen und zu verstehen, die der natürliche Sinn nicht verstehen kann. Vom jüngsten Kind Gottes wird erwartet, dass es diese Fähigkeit hat. Vielleicht ist sie noch nicht voll entwickelt, aber sie ist ein fester Bestandteil seines Wesens. Habt ihr das begriffen? Und schon nur das Vorhandensein dieser Fähigkeit ist die Basis, auf die alles im Christenleben gebaut werden wird. Der Heilige Geist baut nur auf seine eigenen Fundamente, auf das, was er selbst als Basis legt. Und diese Basis ist eine geistliche: was aus dem Geist stammt, ist geistlich. Unser ganzes Wachstum wird sich folglich entlang der Linie des geistlichen Verständnisses, der geistlichen Erkenntnis, vollziehen: gemeint ist damit nicht die Anhäufung einer großen Menge von Wahrheiten, von von religiöser, christlicher Information, sondern von dem, was der Geist uns lehrt. Es wird DURCH DAS WORT geschehen, aber nur durch das, WAS DER GEIST LEHRT, denn genau zu diesem Zweck ist er gekommen.

Nun, es muss eine Verbindung bestehen zwischen uns und dem Heiligen Geist, der ihm selbst entspricht, und das Verbindungsglied zwischen dem Heiligen Geist und dem wiedergeborenen Kind Gottes ist der erneuerte Geist des Gotteskindes, mit dieser neuen Fähigkeit, so dass das Kind Gottes, entgegen der ganzen Welt bloßer intellektueller Erkenntnis, imstande ist zu sagen: «Wir wissen» - «wir sprechen von dem, was wir kennen». Es mag sehr wenig sein, aber ihr wisst, ihr wisst es nun. Soweit ihr gelangt seid, ist es eine Erkenntnis, die euch gehört, die neu und vollständig anders ist. Ihr seid imstande zu sagen: «Ich weiß zwar nicht sehr viel, aber was ich weiß, das weiß ich; und die Art, auf die ich dieses Wissen erlangt habe, ist nicht die, dass es mir präsentiert wurde, sondern weil es mit mir geschehen ist. Etwas ist im Innern geschehen; und obwohl ich es nicht in Worte fassen und theoretisch erläutern kann, obwohl ich es nicht zu einem Satz von Ideen zusammenstellen kann, weiß ich es einfach - ICH WEIß ES! «Wir sprechen von dem, was wir kennen». Da ist etwas an der geistlichen Erkenntnis, das sehr stark ist, so fest, so befriedigend, so beruhigend. Es ist eine neue Fähigkeit. Worin liegt der Unterschied? «Wenn ich euch von irdischen Dingen berichte...» Das ist ein Bereich: Wie steht es um die himmlischen Dingen? «Nun, Nikodemus, du mit deiner wunderbaren Ausstattung von Geburt, Heranwachsen, von Erziehung, Bildung, du befindest dich noch immer im Bereich der irdischen Dinge, und selbst da übersteigen sie deinen Verstand. Du bist noch nicht in den Bereich der himmlischen Dinge vorgedrungen». «Darum: Wundere dich nicht, dass ich dir gesagt habe, ihr müsst von neuem geboren werden».

Das ist sehr sehr nötig, um die ganze christliche Situation und die Wiedergewinnung ihrer geistlichen Wirksamkeit in dieser Welt sicherzustellen: Eine neue Wahrnehmung des grundlegenden Unterschieds zwischen dem Natürlichen und dem Geistlichen - ja, selbst in christlichen Angelegenheiten. Niemand soll glauben, ich rede von etwas, das zu dem, was im Wort Gottes steht, noch hinzu kommt. Ich rede von der notwendigen Fähigkeit, die der Heilige Geist vermittelt, und vom notwendigen Werk des Heiligen Geistes, damit wir den Sinn (die Absicht) des Geistes im Worte Gottes richtig erkennen. Wenn wir auf irgend eine andere Basis als diese gelangen, werden verschiedene Dinge eintreten, die sehr traurig, sehr betrüblich und falsch sind. Der Heilige Geist sagte durch Paulus zu Timotheus: «Alle Schrift wurde von Gott eingegeben...» Paulus sagt damit im Grunde: «Seht, wir müssen zu dem zurück, was der Heilige Geist gegeben hat, was durch den Heiligen Geist gekommen ist, und was daher geistlich ist. Wir müssen zu dem zurückkehren, was Gott MEINT.

Johannes 3 ist ein gewaltiges Gegenstück nicht nur zur Welt der Unbekehrten und Nicht-Wiedergeborenen, sondern auch zu einem großen Teil des Christentums, wie wir es kennen, welches ganz klar nicht das Christentum eines anderen Wesens, einer anderen Konstitution, einer anderen Fähigkeit ist. Lasst uns dafür sorgen, dass wir bei uns das Richtige haben, nicht das Falsche, die Imitation.

Die Bedeutung von Pfingsten

Lasst mich einem Wort der Warnung abschließen. Dies ist nicht notwendigerweise eine besondere Offenbarung, die besonderen Personen zuteil wurde. Passt hier gut auf! Es mag wie etwas Geringes erscheinen, aber es ist sehr wichtig. Es bedeutet nicht, dass, weil wir rekonstituiert werden und diese andere Fähigkeit besitzen, wir eine Offenbarung empfangen haben. Nein, es ist keine besondere Offenbarung, sondern eine besondere Fähigkeit, um das zu Erkennen, was geoffenbart worden ist.

Das ist die einschließliche und umfassende Bedeutung der Ankunft des Heiligen Geistes. Was sich am Tag von Pfingsten ereignete, entsprach in der Geschichte der Gemeinde dem, was sich im persönlichen Leben des Herrn Jesus am Jordan ereignete. Am Jordan wurde er getauft, was andeutete, dass er dort begraben wurde, dass dort etwas aus dem Blickfeld genommen wurde. Im Typus, bildlich gesprochen, wird der natürliche Mensch (bei der Taufe) außer Sichtweite gebracht. Im Typus aufersteht ein anderer Mensch. Und was geschieht dann? Der Himmel öffnet sich, der Geist steigt herab, und von diesem Zeitpunkt an geschieht alles aus dem Geist heraus. «Darauf wurde Jesus durch den Geist in die Wüste geführt...» Und dann nach Nazareth: «Und er öffnete die Rolle, und fand die Stelle, wo geschrieben stand: Der Geist des Herrn ist auf mir...» Alles geschieht durch den Geist.

Und wiederum sollten wir das richtig verstehen. Wir haben nicht gesagt, dass in der Taufe buchstäblich ein «alter Mensch» begraben worden sei wie im Falle aller anderen Gläubigen, sondern dass Er - abgesehen von der Sünde - stellvertretend den Grund eingenommen hat, den wir in einer ganz bestimmten Hinsicht alle einnehmen müssen, nämlich, dass nichts im Leben vorkommen sollte, das nicht vom Vater durch den Heiligen Geist stammt. Bei Ihm war es vollständig war, doch bei uns handelt es sich um eine Stellung, wir einnehmen und dann verwirklichen müssen, während wir uns bemühen, im Geist zu wandeln.

Und so kommen wir denn zu Pfingsten. Wurde die Gemeinde in ihrer (damaligen) repräsentativen Form oder in ihrem Kern in seinen Tod hinein getauft? Nun, schaut sie euch an! Bevor sie auf Auferstehungsgrund neu eingesetzt werden, sind sie schon zur Genüge in seinen Tod getauft worden. Sie sind ans Ende all ihrer natürlichen Ressourcen gelangt, sei es, dass es darum ging, alles zu verstehen, oder alles zu durchschauen, oder aber, um irgend etwas zu tun. Sie sind so gut wie tot, wie begraben - keine Aussichten, keine Zukunft mehr. «Wir hofften...» - wie HOFFTEN, in der Vergangenheitsform - «dass er es war, der Israel erlösen sollte», und diese Hoffnung war nun verloren gegangen, nichts ist mehr übrig geblieben. Ja, sie waren in der Tat in seinen Tod hinein getauft worden. Was aber finden wir jetzt, am Tage von Pfingsten? Sie sind als ein Gefäß neu auferstanden, und der Himmel steht offen, und der Geist kommt und füllt dieses Gefäß, und von diesem Zeitpunkt an geschieht alles durch den Geist. Sie hatten eine neue Erkenntnis - und wie wehr wuchs ihre Erkenntnis, selbst im Worte Gottes! Das Wort Gottes, das für das Alte Testament war, war geistlich gesehen ein weitgehend ein verschlossenes Buch gewesen. Sie hatten es bloß dem Buchstaben nach, und ihre Interpretation davon war falsch, wie es sich herausstellte. Nun aber ist die Bibel neu für sie, weil sie sich auf neuem Grund befinden; potentiell befinden sie sich nun im neuen Tag des Geistes.

In Übereinstimmung mit dem Wunsch von T. Austin-Sparks, dass das, was er frei erhalten hat, weitergegeben und nicht gewinnbringend verkauft werden sollte und dass seine Botschaften Wort für Wort reproduziert werden, bitten wir Sie, diese Botschaften mit anderen zu teilen und frei anzubieten, um seine Wünsche zu respektieren - frei von jeglichen Änderungen, kostenlos (außer notwendigen Vertriebskosten) und mit dieser Erklärung inklusive.