von T. Austin-Sparks
Kapitel 9 - Eine Rekapitulation
Wir haben gesehen, dass in der Heilszeit des Alten Testamentes der Heilige Geist als der Geist der Prophetie operierte, der alles zu einer Prophetie machte. Er veranlasste, dass alles in der göttlichen Ökonomie nach vorne wies, dass sie noch etwas weiteres beinhaltete, das für die noch nicht klar war, die zu jener Zeit lebten, und die sehr eng mit dem verbunden waren, was getan und gesagt wurde; und dieses umfassende Werk des Heiligen Geistes durch jene Zeitalter hindurch konzentrierte sich völlig auf das, was die Natur, der Charakter und der Vorsatz der Heilszeit sein würde, in der wir leben. Diese Heilszeit wird durch zwei hervorragende Gesichtspunkte charakterisiert, durch zwei Aspekte einer einzigen Sache. Es ist zunächst einmal die Heilszeit des zum Thron zur Rechten der Majestät in den Himmeln erhobenen Christus, und zweitens, die Heilszeit des Heiligen Geistes, der in der Gemeinde anwesend ist und und all das verwirklicht, was dies bedeutet. Diese prophetische Aktivität war vielseitig; d.h. sie wies auf verschiedene Charakteristiken des Zeitalters hin, das vor ihnen lag. Und wir haben einige dieser Charakteristiken in den voraus gegangenen Kapiteln betrachtet.
So beginnen wir also hier. Wir sind gekommen und leben in der Heilszeit der geistlichen Erfüllung dessen, was die Propheten vorausgesagt hatten; doch ist diese Erfüllung nicht bloß und ausschließlich objektiv, wie in der Geschichte der Welt und der Kirche, auf eine äußere Weise. Diese Erfüllung ist etwas Innerliches, und zudem insofern eine innerliche Sache, als jedes Glied von Christus betroffen ist. Es ist etwas, das bis zum Jüngsten durchdringen muss. Bitte meint nicht, das sei bloß etwas für ältere oder fortgeschrittenere Christen! Es betrifft jeden von uns in gleicher Weise.
Das Erste, womit sich die Propheten beschäftigten, und was auf eine innerliche Weise seine Erfüllung in den Gliedern Christi in dieser Heilszeit findet, ist geistliche Sicht. Alles im Vorsatz Gottes, für seine Erfüllung und dafür, dass wir ihn erreichen, beruht zuallererst darauf – dass der Heilige Geist für uns zum Geist der Offenbarung geworden ist und uns befähigt hat, in seinen großen Linien, zu sehen, worauf Gott hinaus will. Die Details werden eingefügt, während wir voranschreiten.
a. Die Fähigkeit, zu sehen
Das hat zwei Seiten. Zuerst einmal ist da die Fähigkeit, zu sehen. Darüber haben die Propheten viel zu sagen. Ihr wisst, dass, weil ein gewisses Vorurteil auf Seiten des Volkes Israel bestand, durch das sie nicht geneigt waren, zu sehen, was Gott sie sehen lassen wollte (sie hatten ja ihre eigenen Visionen und Ideen waren nicht offen für das, was Gott wollte), ein doppeltes Urteil über sie verhängt wurde, und so verschloss Gott ihre Augen. Das Wort wurde Jesaja für dieses Volk mitgeteilt: «Und er sprach: Geh und sprich zu diesem Volk: Hört immerfort und versteht nicht, seht immerzu und erkennt nicht! Verstocke das Herz dieses Volkes, verstopfe seine Ohren und verklebe seine Augen, damit es mit seinen Augen nicht sieht, und mit seinen Ohren nicht hört, und damit sein Herz nicht zur Einsicht kommt und es sich nicht bekehrt und für sich Heilung findet!» (Jes. 6,9.10). Das war ein Gericht, und zwar ein schreckliches: Gerade die Fähigkeit der geistlichen Sicht, der Vision, wurde neutralisiert. Es war ein furchtbares Gericht, mit schrecklichen Konsequenzen; denn, wie wir gesehen haben, war die letzte Konsequenz, dass sie alles verloren, was Gott vorgesehen hatte, und das war nichts Geringes. Es ging von ihnen. Es wurde einer andern Nation gegeben – einer himmlischen. Es ist ein schreckliches Gericht, wenn eine Fähigkeit der geistlichen Sicht zunichte gemacht wird. Und wenn dem so ist, dann muss es im Verlangen, in der Gnade und Güte des Herrn etwas sehr Großes sein, dass Menschen eine solche Vision, eine solche Sicht, haben sollen.
Die Fähigkeit zu sehen ist das Geburtsrecht jedes Gotteskindes. Meint nicht, ihr müsstet erst lange Zeit ein christliches Leben geführt haben, eine Menge Lehre bekommen, eine bestimmte fortgeschrittene Stellung erreichen, bevor ihr anfangt, zu sehen. Es ist Teil schon eurer Wiedergeburt. Der Herr sagte zu Nikodemus: «Wenn jemand nicht von Neuem geboren wird, so kann er das Reich Gottes nicht sehen!» (Joh. 3,3). Damit wollte er sagen: «Wenn du von oben geboren wirst, wirst du sehen». Der Auftrag an den Apostel Paulus lautete: «... zu denen ich dich senden werde, um ihre Augen zu öffnen» (Apg. 26,17.18). Das sehr symbolische Werk des Herrn Jesus in den Tagen seines Fleisches, dass er die Augen der Blinden öffnete, wies auf das hin, was geschehen würde, wenn er hinauffuhr und der Heilige Geist kam und die Menschen sahen. Es ist Teil eurer neuen Geburt, dass ihr sehen könnt. Ich sage nicht, damit ihr alles auf einmal sehen werdet, dass ihr gleich all das sehen werdet, was jene sahen, die wehr weit mit dem Herrn gegangen sind. Aber die Fähigkeit zu sehen ist euch geschenkt worden. Macht ihr Gebrauch davon? Wisst ihr, dass es ebenso auf euer geistliches Leben zutrifft wie auf euer physisches – dass ihr geistliche Augen habt, und dass sie geöffnet wurden? Wenn nicht, dann geht deswegen zum Herrn, denn etwas ist nicht in Ordnung.
b. Der zu sehende Gegenstand
Aber nicht nur die Fähigkeit, sondern auch der Gegenstand, des Sehens; er ist ein Teil der Sicht. Zuerst musst die Fähigkeit vorhanden sein zu sehen, bevor ihr einen Gegenstand habt, den ihr sehen könnt; und dieser Gegenstand ist – was denn? Was war es, das ins Gesichtsfeld des Volkes trat, das das Volk wahrnehmen konnte, als der Heilige Geist kam? Was fingen sie an zu sehen? Sie fingen an, die Bedeutung von Jesus Christus zu sehen, und es gibt eine sehr bekannte Formulierung, die anzeigt, was das ist - «der ewige Vorsatz Gottes». Sie sind ein und dasselbe – die Bedeutung Christi und Gottes ewiger Vorsatz. Der Vorsatz Gottes von Ewigkeit her betrifft seinen Sohn – den Platz, den sein Sohn entsprechend der Absicht Gottes in diesem Universum einnimmt; die ungeheuer umfassende Größe von Christus; die ungeheure Bedeutung des Wesens und der Existenz Christi; die ungeheuren Konsequenzen, die mit Jesus Christus verbunden sind. Das sahen sie nicht alles auf einmal; aber sie fingen an, den Herrn Jesus zu sehen. Sie fingen an zu sehen, dass dies nicht einfach ein Mensch unter Menschen war, nicht einfach der Mann von Galiläa. Nein, er war unendlich größer als das, überwältigend! Dieser mächtige Eindruck von der Bedeutung Christi ist zu große, um ihn zu erfassen, er ist so groß, dass man ihn nicht begreifen kann. Er ist überwältigend und verheerend. Das fingen sie an zu sehen; das war ihre Sicht. Aus dieser Vision ging alles andere hervor. Seht sie euch an und hört ihnen zu; erkennt, was für einen neuen und großen Christus sie gefunden haben; was für ein bedeutender Christus er ist, wie alles von ihm abhängt. Alles Schicksal ist in ihm konzentriert; er ist die einzige Konsequenz.
Die Propheten hatten etwas ganz schwach gesehen. Ihr werdet einen Prophet sagen hören: «Sein Name heißt Wunderbarer, Ratgeber, Allmächtiger Gott, Ewiger Vater, Fürst des Friedens» (Jesaja 9,6). Nun, dieser Prophet hatte angefangen, etwas zu sehen; und da gibt es noch andere Dinge wie dieses. Es ist bloß ein Anfang, doch was sie sagen, ist dies, dass dieser Eine einmal voll ins Gesichtsfeld treten wird. «Wir weisen auf Ihn hin», sagen sie, «wir halten Ausschau nach dem Tag, da dieser Eine deutlich zur Kenntnis gebracht werden wird». Und das ist dieser Tag; wir befinden uns an dem Tag der Erfüllung dieser prophetischen Vision.
Das sind nicht bloß Worte, große Ideen. Es muss auf euch zutreffen, wenn auch nur in seinen Anfängen, dass die Wahrnehmung von Jesus Christus in eurem Herzen ungeheuer, überwältigend ist. Er ist eure Sicht, und er hat die Meisterschaft über euch gewonnen im Sinne dieser seiner Größe. Wir werden es nie ohne Sicht schaffen. Wir werden zusammenbrechen, wenn wir keine Sicht haben, oder wenn unsere Sicht gefangen genommen worden ist. Wenn etwas zwischen die Klarheit, die Fülle unserer Sicht tritt, beginnen wir, uns im Kreise zu drehen, und wir wissen nicht mehr, wo wir sind. Die Sicht wird uns voran bringen, wenn sie klar und voll bleibt. Habt ihr das verstanden? Als der Heilige Geist am Tage von Pfingsten kam, dann geschah dieses Ungeheure – sie sahen den Herrn, und indem sie ihn sahen, fingen sie an, von allem befreit zu werden, was anders oder geringer ist als er. Diejenigen, die nichts sahen, nun, diese fingen an, den Schauplatz zu verlassen, und wurden im geistlichen Bereich entweder bedeutungslos, oder sie wurden aufgrund ihrer Vorurteile zu Feinden derer, die sahen. Der Vorfall in Johannes 9 hat sich in einem geistliche Sinne erfüllt. Der Herr öffnete die Augen des blind geborenen Mannes. Was geschah? Die andern warfen ihn hinaus. Jene, die am Tag, als der Geist kam, sahen, wurden durch die vielen exkommuniziert, die durch Vorurteile befangen waren. Sie wurden abgeschnitten. Es ist immer ein Preis mit dem Sehen verbunden.
Doch das ist im Augenblick nicht unser Thema. Was der Herr uns in aller Schlichtheit in er’ster Linie gesagt hat, ist dies, dass es ihn danach verlangt, in dieser Heilszeit ein Volk zu haben, dass er ein solches Volk haben muss und daher auch haben kann, das geöffnete Augen hat, ein sehendes Volk, das diese Fähigkeit in sich hat.
c. Die Sicht muss persönlich sein und in jedem Gläubigen zunehmen
Nun, der Unterschied zwischen den Heilszeiten besteht genau darin. In der alten Heilszeit musste dem Volk alles gesagt werden. Sie mussten es aus zweiter Hand von jemand anderem bekommen; es war nie ihre eigene Erkenntnis, es war nicht ursprünglich. In der neuen Heilszeit des Heiligen Geistes lag die Sache in ihnen selbst; die Wurzel der Sache lag in ihnen. Doch das Christentum ist weit gehend zu einem System geworden, das auf die Ebene der alten Heilszeit hinab gesunken ist. Das heißt, so viele Christen gründen ihr Leben auf Botschaften und Predigten, auf den Besuch von Versammlungen und darauf, dass ihnen alles durch andere Leute gesagt werden muss. Wie viele Christen findet ihr heute, die wirklich aus der Fülle einer pulsierenden, persönlichen Offenbarung von Jesus Christus leben? Ich glaube nicht, dass dies eine unangemessene Frage ist. Was in unseren Tagen so sehr fehlt, ist ein Volk, das neu auf der Grundlage eingesetzt wird, auf der sich die Gemeinde am Anfang befand, die Basis des Heiligen Geistes; und der Anfang dieser Grundlage ist dies – nicht eine Menge Informationen zu haben, die Christen bekommen können, sondern dass die Christen die Fähigkeit der geistlichen Sicht in sich haben, dass sie die Kapazität zum Sehen besitzen, und dass sie selber sehen können. Könnt ihr sagen: «Meine Augen sind geöffnet; ich sehe mehr und mehr von der Bedeutung Christi; ich sehe mehr und mehr in Bezug auf den Herrn Jesus?» Solange dies nicht der Fall ist, lassen wir den Heiligen Geist hinter uns und wir drehen uns weiter im Kreise und kehren zurück und finden ihn dort, wo wir ihn zurück gelassen haben, weil das Leben im Heiligen Geist bis zum heutigen Tag ein Leben mit einer ständig zunehmenden Sicht ist. Sicht ist absolut notwendig, sowohl was die Fähigkeit als auch den Gegenstand betrifft.
Die Instrumentalisierung des Kreuzesa. Der Tod – die Beseitigung dessen, was vom Menschen stammt
Noch immer rekapitulierend fahren wir weiter und erkennen, dass, um die Fähigkeit lebendig und die Sicht zunehmend zu erhalten, der Heilige Geist ein Werkzeug hat. Er wirkt immer durch ein Werkzeug, und dieses Werkzeug ist das Kreuz; d.h. das Prinzip des Kreuzes des Herrn Jesus.
Das bedeutet auf der einen Seite die Beseitigung von allem, was nicht in das neue Königreich hinein kommen kann; sich dessen zu entledigen, was in Gottes Sicht tot ist und deshalb beseitigt werden muss – mit andern Worten: Die Totalsumme des Ich-Lebens. Ihr könnt es anders nennen, wenn ihr wollt – das Fleisch, das natürliche Leben, der alte Adam, und so weiter. Ich ziehe diese Bezeichnung vor – das Ich-Prinzip – weil sie sehr umfassend ist: ob dieses Ich-Prinzip sich nach außen hin in Szene setzt in Form von Selbstbewusstsein, von Geltungstrieb, wo das Ich Eindruck macht; oder ob es nach innen wirkt, indem es alles auf sich selbst bezieht. Oh, wie viele Aspekte hat dieses Ich-Leben doch in beiden Richtungen! Vielleicht kennen wir einige der offensichtlicheren, aber lernen wir nicht nach und nach, wie tief verwurzelt, mit wie vielen Ausläufern, dieses Ich in uns ist? Wir kommen damit nie an ein Ende. Es breitet seine Greifarme über unsere ganze Konstitution aus – irgendwie heißt es immer «Ich», manchmal stark, manchmal schwach. Und es ist genau so schlimm, ob es nun schwach oder stark ist. Selbstmitleid ist nur eine andere Art, die Aufmerksamkeit auf uns zu lenken und uns mit uns selbst zu beschäftigen, und es ist genauso verderblich wie das Selbstbewusstsein. Es ist das Ich, ganz gleich wie; es entstammt derselben Wurzel, es kommt aus derselben Quelle. Es stammt alles aus jenem falschen Leben von dem, der gesagt hat: «Ich will zum Himmel hinaufsteigen, ich will mich zum Thron über den Sternen des Himmels erheben; und ich will auf dem Versammlungsberg Einsitz nehmen... ich will weit über die Wolken hinaufsteigen; ich will mich dem Allerhöchsten gleichstellen» (Jesaja 14,13.14). «Ich» - «Ich» - «Ich» -. Wahrhaftig, wir können die Formen dieses Ich-Lebens nicht ausloten.
Nun, weil es so vielseitig, so weit reichend und so tief verwurzelt ist, kann der Herr nicht auf aktive Weise auf einmal damit verfahren. Potentiell hat er es einmal grundsätzlich am Kreuz seines Sohnes behandelt. Nun aber muss seine Anwendung voran gehen. Ihr und ich, wir müssen ständig die Anwendung dieses Prinzips des Kreuzes auf alle Formen des Ich-Lebens erfahren. Wir müssen sowohl die Notwendigkeit als auch die Art und Weise kennen lernen, auf die es geschlagen, zertrümmert, niedergeworfen und unter die Hand Gottes gebracht wird; und das ist die Bedeutung des Wortes «Jünger» (engl. «Disciple», lat. «discipulus» - Schüler, Zögling), das ist die Bedeutung von Erziehung. Auf dieser Seite der Dinge trifft der Heilige Geist ständig Vorsichtsmaßnahmen gegen dieses Ich-Leben. Selbst im Falle eines weit fortgeschrittenen und wohl gekreuzigten Apostels wird es immer wieder nötig, dass Gott angesichts dieser großen göttlich anvertrauten Dinge Vorsichtsmaßnahmen ergreift, einen Pfahl in sein Fleisch treibt und ihm einen Boten Satans zugesellt, der ihn schlägt, damit er sich nicht überhebe (2. Kor. 12,7). Das ist etwas sehr Praktisches. Der Heilige Geist benutzt des Prinzip und das Gesetz des Kreuzes wiederholt und immer tiefer, um diesen Unrat loszuwerden – all das, was den Grund besetzt hält, der vom Herrn Jesus selbst eingenommen werden sollte. Es müssen eine Menge Flurbereinigungen geschehen, damit das neue geistliche Königreich im Innern gebaut werden kann.
b. Auferstehung – der Ausdruck des Herrn selbst
Nun aber, auf der anderen Seite, ist das Entsprechende die Kraft seiner Auferstehung, die man nie kennen lernen kann, es sei denn, wir kennen die Kraft seines Kreuzes; und dadurch, dass wir ihn und die Kraft seiner Auferstehung kennen lernen, finden wir unsere Erziehung auf der positiven Seite. Oh, Ihn zu erkennen, und die Kraft Seiner Auferstehung! Es ist eine wunderbare Sache, wenn wir, ihr und ich, an den Punkt gebracht werden, wo wir auf der Seite der Natur – und zwar nicht vorgetäuscht, sondern aufs äußerste – gezwungen sind, die furchtbare und schreckliche Realität anzuerkennen: «Das ist das Ende von allem. Ich, der ich so viel gesagt habe, ich, der ich so viel gepredigt habe, ich, der ich so viel gelehrt habe, ich, der ich so viel getan habe – ich bin am Ende». Es ist der Schuldspruch des Todes; nichts ist mehr möglich; und es ist schrecklich und bitterlich real. Und dann erweckt Gott die Toten auf! Du gehst weiter voran, und es ist etwas mehr vom Herrn da als zuvor. Es ist etwas Großes, zu sehen, wie Gott wieder und wieder Tote auferweckt. Dieselbe Person ist wieder lebendig geworden, und es ist mehr vorhanden als je zuvor, weil eine größere Leere entstanden ist als je zuvor. Von Gottes Standpunkt aus ist dies eine sehr sichere Position.
Was lernen wir daraus, was ist die Bedeutung dieses Weges, was ist es, das wir entlang solcher Erfahrungen erben können? Einfach dies – wir lernen den Herrn besser kennen, das ist alles. Wir erkennen, dass alles vom Herrn ist, und was immer nicht von ihm stammt, ist rein gar nichts. Es muss vom Herrn sein, oder es gibt weder eine Möglichkeit noch eine Hoffnung. Dann sind wir bereit, zuzugeben: «Wenn es von mir abhinge, so wäre nichts mehr möglich». Und dann vollbringt es der Herr selber. Ihr seht, was er auf der Todesseite des Kreuzes tut. Er klärt den Grund für sich selbst, und dann besetzt er diesen Grund; er baut sich selbst als auf der lebendige Herr auf dem Grund, der von unserem Ich gereinigt worden ist. Der Heilige Geist benützt das Kreuz, um den Weg offen zu halten, um die sicht klar und wachsend zu erhalten .
Eine neue FreiheitFerner zeigten wir auf, dass, als die Heilszeit am Tag von Pfingsten sich änderte, von diesem Augenblick an eine wunderbare Emanzipation in eine neue Freiheit hinein stattfand. In der alten Heilszeit war die alte Ordnung eine Knechtschaft, eine Sklaverei; die Leute steckten in der Zwangsjacke eines religiösen Systems. In der neuen Heilszeit war die Zwangsjacke verschwunden. Es gibt nichts, was im Buch der Apostelgeschichte auf eine Zwangsjacke hindeutet. Die Leute sind draußen, sie sind frei. Es mag noch immer einige Dinge geben, die wegfallen müssen, wie die Überreste der Tradition bei Petrus angesichts des Rufs zum Hause von Kornelius, und so weiter. Aber zur Hauptsache waren sie draußen, befreit, und es ist der Heilige Geist, der dies zustande bringt und der verlangt, dass es auch so bleibt.
Der Herr möchte und benötigt heute ein solches Volk, genauso wie damals. Zuerst einmal ein Volk der geistlichen Sicht; und dann, zweitens, ein gründlich gekreuzigtes Volk, die dem Herrn vollständig Platz machen für seinen ganzen Vorsatz – ein Volk, das, in sich selbst, dem Herrn nicht mehr im Wege stand. (Das ist die Bedeutung der Apostelgeschichte – dass die Leute dem Herrn nicht mehr im Wege stehen, so dass er sich frei bewegen kann). Dann verlangt der Heilige Geist, nachdem er diese Freiheit bewerkstellig hat, dass sie bewahrt bleibt. Wir haben früher aufgezeigt, dass der Mensch die ständige und hartnäckige Tendenz hat, und dass der Feind alles daran setzt, dies zu unterstützen, unter ein Joch der Knechtschaft zurück zu fallen, den Heiligen Geist in irgend einem festen, kristallisierten System der Dinge gefangen zu setzen – ein Gemeindesystem, ein ekklesiastisches System, eine von Menschen gemachte religiöse Ordnung, eine Formalität, eine Organisation, und viele ähnliche Dinge, die so oft mit einer göttlichen Idee beginnen, und die dann die Verpflichtung dieser göttlichen Idee nehmen und sie ihnen dienstbar machen, anstatt dass alle ihr dienen.
Das ist die Gefahr, und der Heilige Geist möchte nichts davon. Er kann nur so weit gehen, wie der die Freiheit hat, zu gehen. Er verlangt, dass wir uns draußen an einem freien Ort mit ihm befinden; er fordert als der Geist der Freiheit seine eigenen Rechte. Er lässt sich durch nichts beeinträchtigen. Wenn wir versuchen, ihm in die Quere zu kommen, ihm Ketten anzulegen, werden wir seine Werte verlieren. Er verlangt, dass wir nie zulassen, dass wir in irgend eine fixe Form oder Ökonomie oder Einschränkung irgend welcher Art gelangen; dass wir Gottes freies Volk sind. Das ist nicht Ausschweifung. Das gibt dem Individuum kein Recht, ein Freibeuter zu sein, noch bedeutet es, dass wir hingehen und tun können, was uns unser Impuls suggeriert, und dass wir aller geistlichen Autorität gegenüber mit den Fingern schnalzen können. Das hat es nie bedeutet. Aber es bedeutet sehr wohl, dass der Herr nie zulassen wird, dass wir seine Angelegenheiten kristallisieren lassen, sie in eine Schachtel hinein stecken und sagen: «Das ist die Grenze». Er verlangt, dass wir stets bereit sind, neues Licht zu empfangen und darauf einzugehen. Und wenn sein neues Licht erfordert, dass wir neue Anpassungen vornehmen – manchmal recht revolutionäre Anpassungen – sind wir im Herrn so frei, dass wir es tun können. Es ist höchst notwendig, dass wir so sind, als Gottes freies Volk. Es ist eine sehr gesegnete Angelegenheit, die ganze Ausdehnung des Universum zu haben, in der wir uns bewegen können.
Heiligkeit – der CharakterNun, unser nächster Punkt war, dass die ganze Natur der Dinge, das Charakteristische der Heilszeit des Heiligen Geistes und aller Bewegungen des Geistes Heiligkeit ist – das heißt, dass alles innerlich dem entspricht, was außerhalb ist. Der Fortschritt kann abrupt zum Stillstand kommen; diese ganze Bewegung des Geistes Gottes kann plötzlich aufgehalten werden; es kann ein Ende sein, über das hinaus es keinen Fortschritt mehr gibt; wenn irgend eine strittige Sache zwischen dem Heiligen Geist und uns auftaucht. Wir sollten eine sehr kurze Buchhaltung mit dem Heiligen Geist führen in allen zur Frage stehenden Dingen, und genau zu diesem Zweck wohnt er ja in uns. Warum gibt es bei den Christen so viele Dinge, die nicht so sind, wie der Herr sie haben möchte? Es ist ganz einfach deshalb, weil diejenigen, die es angeht, dies nicht gemerkt und es sich nicht zu Herzen genommen haben – dass der Heilige Geist ihr persönlicher, innewohnender Lehrer ist, und dass sie auf ihn hören sollten. Wie vieles geht wegen diesem Unvermögen verloren! «Oh, da ist ja eine Versammlung: ich glaube nicht, dass ich hingehe – ich mache lieber einen Spaziergang». Und so geht ihr. In jener Versammlung aber war genau das Wort vorgesehen, von dem der Herr möchte, dass du es hörst! Wenn ihr nur gesagt hättet: «Eigentlich möchte ich lieber einen Spaziergang machen, aber da ist eine Versammlung; ich will den Herrn fragen, ob er mich dort haben möchte». Etwas ist verloren gegangen, das du nicht mehr zurückholen kannst, weil du es versäumt hast, den Herrn zu fragen.
Und so läuft es auf Tausend verschiedene Weisen. Wenn wir nur auf den Heiligen Geist hörten, würden wir größere Fortschritte machen. Er spricht über alle möglichen praktischen Angelegenheiten zu uns. Zum Beispiel haben wir es nötig, vom Heiligen Geist im Blick auf unsere Belustigungen belehrt zu werden – es lustig zu haben ohne frivol zu werden, und ernst zu sein ohne Trauermine und langes Gesicht. Wir werden uns nicht durch das Leben hindurch kichern, doch gleichzeitig möchte der Herr auch nicht, dass wir arme, ernste Kreaturen sind. Sicher möchte er, dass wir ernsthafte Leute sind, aber glaubt nicht, Ernsthaftigkeit sei an sich schon notwendigerweise geistliches Leben. Ich las in meiner Morgenzeitung von einem armen Mädchen in Australien, das von einer bestimmten Krankheit angefallen wurde, die es um die Fähigkeit, zu lächeln, brachte. Sie wurde per Flugzeug zu einer Operation nach London geflogen – und nach der Operation konnte sie wieder lächeln! Ich glaube, eine Menge von Christen benötigen gerade diese Operation.
Doch in dieser ganzen Angelegenheit müssen wir die Disziplin des Heiligen Geistes kennen, weil geistlicher Wert, geistliche Zunahme von ihm abhängen. In Fragen der Heiligung und der Kontroversen mit dem Herrn – bei denen es manchmal um sehr kleine Dinge wie Details der Kleidung, das Tragen von Schmuck und so weiter geht – ist es bemerkenswert, wie viele junge Christen in diesen praktischen Dingen Anpassungen vornehmen, ohne dass diesbezüglich irgend jemand etwas zu ihnen gesagt hat. Wer sagte ihnen dann, was sie zu tun haben? Niemand; doch hatten sie das Gefühl, dass der Herr wolle, dass sie es tun, das ist alles. Solche Leute kommen voran; sie fangen an, für Gott zu zählen. Ich nehme diese Dinge nicht, um euch ein Gesetz überzustülpen, sondern um das Prinzip aufzuzeigen, dass der Heilige Geist imstande sein muss, zu uns über Dinge in unserem Innern zu reden, mit denen er nicht völlig einig geht, und wenn er dann redet und wir reagieren, kommen wir vorwärts. Der Heilige Geist fügt hinzu und fügt noch mehr hinzu.
Geistgeleiteter Dienst: Kein EsklusivismusWenn ihr in der Apostelgeschichte weiter geht, stellt ihr fest, dass der Heilige Geist der Geist des Dienens war. Ihr kommt zum Kapitel 8, und da geschieht die Bewegung aus Jerusalem hinaus vollkommen spontan. Philippus geht nach Samaria hinunter. Wer sagte ihm, er solle nach Samaria gehen? Sicher können wir sagen, der Heilige Geist habe ihn dorthin geführt. Sie bewegten sich unter der souveränen Kontrolle des Heiligen Geistes fort. Er war der Geist des Dienstes, er veranlasste es. Und wenn ihr zum Kapitel 10 kommt, oh was für ein Aspekt dieser Entwicklung! Wir finden alles in Übereinstimmung mit dem, was die Propheten, wenn auch noch unvollkommen, zu sehen bekamen. In Kapitel 10 nimmt der Heilige Geist die ganze Angelegenheit des Hinausgehens über die Grenzen Israels zu den Heiden vorweg. Wie passen die Propheten da hinein? Nun, wie steht es denn mit Jona? Es ist eine schreckliche Geschichte, jene Geschichte im kleinen Buch Jona. Es enthält nicht das ganze Leben und Werk von Jona, aber es ist praktisch alles, was die meisten Menschen von ihm wissen – dass er einen heftigen Streit mit dem Herrn hatte. «Ist es recht, dass du so zornig bist... ja, ich bin mit Recht zornig» (Jona 4,10). Stellt euch einen Menschen vor, der Gott so antwortet! Warum? Weil die weitherzige Gnade Gottes im Grunde gesagt hatte: «Es darf keinen Exklusivismus geben; ich bin nicht vollständig und einzig an Israel gebunden; mein Herz schließt auch die Heidenvölker mit ein; die ganze Welt ist das Umfeld meiner Gnade». Jona war so exklusiv – da durfte es nicht über seinen eigenen Kreis hinaus geben, und so geriet er in eine Kontroverse mit dem Herrn!
Der Herr hat durch sein ganzes Wort hindurch hie und da Lektionen und Illustrationen gestreut, die das betonen. Wie steht es etwa mit Ruth? Sie ist eine Moabiterin, eine Heidin, von außerhalb der Grenzen Israel. Es ist die allerschönste Romanze in der Bibel, diese kleine Geschichte von Ruth. Was sagt der Herr da? Seht das Geschlechtsregister des Herrn Jesus, und da findet ihr Ruth, die Moabiterin. Doch wenn das schon eindrücklich sein soll, wie steht es mit Rahab, der Hure, der Bewohnerin des dem Untergang geweihten Jericho, die Glauben hatte und ihn durch die Scharlachschnur in ihrem Fenster zum Ausdruck brachte? Im Geschlechtsregister von Jesus Christus hat sogar Rahab, die Hure, einen Platz. Was will Gott damit sagen? Er greift in der neuen Heilszeit das Prinzip jenes prophetischen Wortes durch das Alte Testament hindurch auf. In Apostelgeschichte 10 nimmt er es vorweg, um scheinbar zu sagen: «Zieht zu allen hinaus; lasst keinen Exklusivismus zu!» Es ist unmöglich, Menschen zu sein, die vom Heiligen Geist beherrscht werden, und nicht die ganze Welt in eurem Herzen zu haben – sich nicht um das ganze Volk des Herrn zu kümmern und für alle, die noch nicht zum Volk des Herrn gehören. Er wird diesen Punkt vorrangig behandeln. Lasst zu, dass diese Wahrheit tief in euch eindringt.
Der Punkt von allem, was wir gesagt haben, ist der: Wenn der Heilige Geist kommt und wirklich seinen Weg hat, geschehen all diese Dinge spontan: sie geschehen einfach: dies sind die Erscheinungsformen seiner Herrschaft. O, dass doch der Herr ein Volk wie dieses zurückgewinnen möchte, frei von allen festen, ekklesiastischen, religiösen, traditionellen Schranken und Bindungen – ein Volk im Geist! Der Herr mache jeden von uns von dieser Art.
In Übereinstimmung mit dem Wunsch von T. Austin-Sparks, dass das, was er frei erhalten hat, weitergegeben und nicht gewinnbringend verkauft werden sollte und dass seine Botschaften Wort für Wort reproduziert werden, bitten wir Sie, diese Botschaften mit anderen zu teilen und frei anzubieten, um seine Wünsche zu respektieren - frei von jeglichen Änderungen, kostenlos (außer notwendigen Vertriebskosten) und mit dieser Erklärung inklusive.