Austin-Sparks.net

Die Beharrlichkeit des Glaubens

von T. Austin-Sparks

Zuerst veröffentlicht in den Zeitschriften "Toward the Mark", Mai-Jun 1972, Vol. 1-3. Originaltitel: "Faith's Persistency". (Übersetzt von Manfred Haller)

«Und Elijah sagte zu Ahab: Geh hinauf, iss und trink! Denn da ist ein Geräusch vom Rauschen des Regens. Da ging Ahab hinauf, um zu essen und zu trinken. Elijah aber stieg auf den Gipfel des Karmel. Und er beugte sich zur Erde und legte sein Gesicht zwischen seine Knie. Und er sagte zu seinem Diener: Geh doch hinauf, halte Ausschau auf das Meer hin! Und er ging hinauf und hielt Ausschau und sagte: Es ist nichts da. Und er sagte: Geh wieder hin! So siebenmal. Und es geschah beim siebten Mal, da sagte er: Siehe, eine Wolke, so klein wie die Hand eines Mannes, steigt aus dem Meer herauf. Da sagte Elijah: Geh hinauf, sag zu Ahab: Spanne an und fahre hinab, damit der Regen dich nicht aufhält!» (1. Könige 18,41-44).

Zwei der wichtigsten Elemente im Leben und in der Erfahrung des Volkes Gottes sind die scheinbar langsamen und verborgenen Wege Gottes und die Notwendigkeit von beharrlichem Glauben in Seinen Dienern. Was das erste betrifft, so wisst ihr selber ganz gut, wie viel in der Bibel darüber geredet wird. Wieder und wieder stellt ihr fest, wie der Psalmist laut ausruft, weil Gott scheinbar zögert oder sich indifferent verhält. Ganze Psalmen widmen sich genau diesem Problem, und auch in anderen Teilen der Schrift begegnen wir demselben Phänomen.

In unserer eigenen geistlichen Erfahrung finden wir oft auch, dass nicht die geringste unter all unserer Prüfungen die Tatsache ist, dass Gott sich so viel Zeit lässt, bis Er antwortet, dass Er in Seinen Wegen so unerklärlich ist; manchmal hat es sogar den Anschein, als sei Er unbekümmert und indifferent. Dies ist eine allgemeine Erfahrung, selbst unter den größten und hingegebendsten Dienern Gottes. Es ist keine Erfahrung, die nur Neulinge machen; tatsächlich wissen diese sehr wenig davon, doch durch die Jahrhunderte hindurch sind die herausragendsten unter den Dienern Gottes mit dem Problem der hinausgezögerten Antworten des Herrn konfrontiert worden. Manchmal sieht es für Sein Volk so aus, als würde er sich so viel Zeit lassen, dass es fast einer Verspätung gleichkommt, und meistens genau dann, wenn die Not am akutesten ist.

Die Wichtigkeit des Glaubens

In diesem kurzen Abschnitt wird unsere Aufmerksamkeit auch auf den zweiten Punkt gelenkt, nämlich die Notwendigkeit für einen beharrlichen Glauben. Man könnte meinen, der kritischste Moment auf dem Berg Karmel sei der gewesen, als die Propheten Baals durch ihre vergeblichen Gebet völlig erschöpft waren und sich Elijah mit seinem wassergetränkten Altar und seinem einfachen, würdigen Appell an den Gott Israels ergeben mussten. Das war in der Tat ein atemberaubender Augenblick, und der Höhepunkt der ganzen Geschichte war das große Wunder, als das Feuer vom Himmel fiel; aber angenommen, das wäre das Ende gewesen! Wir dürfen nicht vergessen, dass das Land drei Jahre lang unter einer verheerenden Dürre gelitten hatte, und wenn das Leben erhalten bleiben sollte, dann war es nicht Feuer, das sie wollten, sondern Wasser. Was sie brauchten, war Regen, und eine ganze Menge davon. So wunderbar und emotional dieses Brandopfer auch gewesen sein mochte, so gab es doch keine neue Hoffnung, wenn der Regen nicht kam.

Nun, der Herr wusste natürlich, wie kritisch ihr Zustand war, und man hätte erwarten können, dass er nun handelte, jetzt, da das Volk den Baal verworfen und seine Sache aufs Neue Ihm übergeben hatte. Als die Menge rief: «Der Herr ist Gott!» schien die Reformation vollständig zu sein, und die natürliche Folge sollten bestimmt Wolken, Regenwolken und herabströmendes Wasser auf ein durstiges Land gewesen sein. Doch es kam kein Regen. Elijah war sich in seinem Herzen recht sicher, denn ohne zu zögern ließ er Ahab wissen, dass er kommen würde. Dennoch lehnte er sich nicht zurück, sondern stieg noch weiter auf den Berg der Krise hinauf, legte seinen Kopf zwischen seine Knie und machte sich daran, die Angelegenheit durch zu beten. Die Stelle im Jakobusbrief sagt uns, dass er «inständig betete» oder «mit Gebet betete», was besagt, dass bei einer solchen Gelegenheit etwas mehr als nur gewöhnliches Gebet erforderlich war; es schien ein Ruf nach Konzentration und Beharrlichkeit zu sein. Es gab kein Anzeichen von Regen. Gott schien so langsam zu sein zu diesem Zeitpunkt der Krise. Wie können diesen scheinbaren Mangel an Reaktion (von Seiten Gottes) erklären?

Was mich betrifft, so denke ich, dies habe sehr viel mit dem anonymen Diener zu tun, so dass wir dadurch eine Lektion hinsichtlich unseres Dienstes bekommen. Nicht nur wird ihm hier kein Name verliehen, sondern es wird auch nicht erwähnt, woher er kam. Bis zu dieser Erfahrung auf dem Berg Karmel schien es, als sei Elijah allein gewesen. Nach dieser Begebenheit wurde er in Bee-sheba entlassen, und später war es Elisha, der Elijah als Knecht diente. Der anonyme Diener wird nur bei dieser Episode erwähnt und verschwindet dann wieder von der Bildfläche, doch nicht, bevor er uns geholfen hat, eines der grundsätzlichen Merkmale des Dienstes für Gott zu illustrieren, nämlich das der Beharrlickeit. Der Kampf war zu Ende gekämpft worden: es schien, als sei ein gewaltiger Sieg errungen worden, und dennoch – es gab noch immer keinen Regen.

Die Enttäuschungen des Glaubens

Dies verschafft uns eine ernsthafte Warnung vor allem, was seiner Natur nach selbst-gefällig bzw. selbstzufrieden ist. Selbst nachdem wir uns selbst voll ausgegeben haben und uns dessen gewiss wurden, dass wir Erfolg hatten, müssen wir uns davor hüten, zu schnell loszulassen. Das Prinzip oder der Geist des Dienstes erfordert bestimmt eine echte Beharrlichkeit des Glaubens. Ihr könnt in der Bibel keinen Diener Gottes von Bedeutung oder echtem Wert finden, der in sich selbst nicht diese Beharrlichkeit des Glaubens entwickelt hat. Wir können das im Falle dieses Menschen (Elijah) sehen, und seltsamerweise war genau das der Text, dem sein Knecht Elisha unterzogen wurde, dessen eigentliches Lebenswerk an dem Tage begann, als Elijah in den Himmel aufgenommen wurde. Das war die Zeit, als Elijah zu Elisha sagte: «Bleibe hier ... der Herr hat mich nach Bethel gesandt» (2. Könige 2,2). Dieselbe Aufforderung wurde von Station zu Station wiederholt: «Bleib hier...», «bleib hier...», doch war Elisha damit nicht einverstanden, denn seine Antwort lautete jedes Mal: «So wahr der Herr lebt und deine Seele lebt, ich werde dich nicht verlassen». Schließlich wurde die ganze Angelegenheit in diesem einen Punkt zusammengefasst: «Wenn du mich siehst, wenn ich von dir genommen werde, wird dir so geschehen» - eine doppelte Portion des Geistes für den Dienst war die Konsequenz aus dieser Erfahrung der Beharrlichkeit.

Nun, um auf den Karmel zurückzukehren, es bestand kein Zweifel, dass Elijahs Glaube eine bemerkenswerte Antwort von Gott bewirkt hatte. Das Feuer war gefallen. Wir mögen glauben, er hätte vollkommen Recht gehabt, wenn er den Schluss gezogen hätte, alles, was er jetzt noch tun musste, sei, mitzuerleben, wie Gott nun die ganze Sache zu Ende brachte. Er hätte seine Arme falten und frei nehmen können, während Gott den Rest tat. Wenn ihr eine Feuerprobe wie diejenige Elijahs so erfolgreich bestanden, einen so gewaltigen Sieg errungen und die Gewissheit erlangt hättet, hättet ihr da nicht auch Lust empfunden, euch zurückzulehen und zuzusehen, was jetzt passierte? Elijah hingegen tat nichts dergleichen; er stieg höher auf den Berg hinauf, um Gott noch näher zu kommen. «Ahab ging hinauf, um zu essen und zu trinken. Elijah jedoch stieg hinauf auf den Gipfel des Karmel» - um zu beten. Er wusste, dass seine Aufgabe noch nicht erledigt war, und er war entschlossen, die Sache ganz zu Ende zu führen.

An diesem Punkt wird unsere Aufmerksamkeit auf den Diener gelenkt. Auch er musste weiter hinauf gegangen sein, denn es musste noch etwas mehr getan werden, wenn der Regen kommen sollte. Er erhielt den Auftrag, in Richtung mehr Ausschau zu halten, denn von dort her sollte der Regen kommen. Er blickte hinaus und sah nichts; so kehrte er zu seinem Meister zurück und bereichtete: «Da ist nichts zu sehen»! War es nach all diesem geistlichen Kampf, nach all dem Gebet, nach dieser erschöpfenden Anstrengung, sich Gottes zu bemächtigen und das Feuer fallen zu sehen, denn überhaupt möglich, dass der Himmel wie eh und je geschlossen blieb? «Da ist nichts zu sehen!» Viele von uns musste durch ähnliche Erfahrungen hindurch – vielleicht erleben wir gerade jetzt eine solche – und wir erleben es als einen schmerzhaften Abstieg. Das ist ein Augenblick größter Gefahr für unseren Glauben, so weit gekämpft und so viel erwartet zu haben, nur um enttäuscht festzustellen, dass jeder Nachweis von einem Wirken Gottes fehlte.

Was könnt ihr da tun? Nun, eines von zwei Dingen. Zuerst einmal könnt ihr den Schluss ziehen, die ganze Sache sei eine Illusion gewesen, und einer lähmenden Verzweiflung Raum zu geben wegen der scheinbaren Reaktionslosigkeit Gottes. Die Alternative dazu ist, immer wieder hinzugehen, wenn nötig sieben Mal. Beim ersten Mal war es nichts, also musste der Diener nachmals ausschauen gehen. Wieder nichts! Also ein drittes Mal, und zum dritten Mal hieß es: «Da ist nichts zu sehen!» Der Mann musste ein viertes Mal hingehen, aber noch immer gab es nicht das geringste Zeichen einer Antwort. Ich versuche mir den Ton seiner Stimme vorzustellen, als er zum fünften und sechsten Mal zurückkam und ich nehme an, dass er vielleicht ein paar Kommentare hinzugefügt hat. «Was soll das alles?» hat er sich vielleicht gefragt - «da ist nichts!» Es wäre natürlich gewesen, zu argumentieren: «Ich sehe nicht ein, wozu das gut sein sollte, nochmals hinzugehen; ich bin es müde, ständig zurückzukommen und nichts berichten zu können.» Auf jeden Fall wurde er ein siebtes Mal hingeschickt, einfach noch ein weiteres Mal. Diesmal konnte er eine winzige Wolke melden. Das war wahrhaftig wenig genug, festzustellen, dass alles, was es da auf der ganzen Ausdehung des Himmels zu sehen gab, nur eine kleine Wolke war von der Größe der Hand eines Mannes. Es überrascht uns, dass Gott in der Betonung dieser Sache der Beharrlichkeit des Glaubens so weit ging. Ob die Zahl sieben hier von irgend welcher Bedeutung ist, hat wenig zu sagen, doch musste gewiss die volle Fortdauer des Glaubens gewährleistet sein, bis schließlich die Situation aufgebrochen wurde. Die kleine Wolke war nur ein Zeichen, ein Hinweis, doch war das für Elijah genug, Ahab sofort zu warnen, sich bezüglich der Regenflut vorzusehen. Der Glaube ist die Besitzurkunde für Dinge, die man (noch) nicht sieht, und so akzeptiert er das Anzeichen für das Ganze. Es war richtig, dies zu tun, denn bald der Himmel voller Wolken.

Der Sieg des Glaubens

Ich glaube, das macht die Botschaft vollkommen klar. Es ist so leicht, einen großen Anfang zu machen, mit großen Aufwand an Lärm und Aktivität und hohen Erwartungen von etwas Großem, von dem wir glauben, Gott würde es tun, und dann doch den Mut zu verlieren aufgrund von Enttäuschungen und Hinhaltungen. Unsere Gebete fangen an, seltener zu werden, und unsere Energie und unser Enthusiasmus nimmt ab, nur weil Gott keine Anstalten macht, zu antworten. Was macht er? Er formt einen Diener; für Ihn ist das wichtiger als der eigentliche Dienst, der getan werden sollte. Ein solcher Diener muss lernen, dass dem Herrn mehr an Seinem Namen liegt als uns, und dass Er am besten weiß, ihn zu rechtfertigen.

«Der Herr ist Gott». Der Herr musste dies zum zweiten Mal deutlich machen, nicht nur durch das Feuer, sondern auch durch das Wasser, durch den Regen; nicht nur durch Gericht, sondern auch durch Gnade; nicht nur durch den Tod, sondern auch durch das Auferstehungsleben. Seine Hinhaltungen, Seine Verborgenheit, Seine scheinbare Teilnahmslosigkeit sind alles Prüfungsmittel, durch die Er in seinen Knechten echten Glauben entwickelt und durch die Er etwas von Seinem eigenen Geist in direkt in ihre Konstitution hineinwirkt. Es war für Ihn ein Leichtes, den Regen zu senden; was viel schwieriger und doch unendlich viel wertvoller war, war dies, Seinen Diener zu befähigen, für die vollen sieben Male mit Wachen und Beten weiter zu fahren, ohne zu verzweifeln, ohne je an Gott zu zweifeln, ohne aufzugeben. Am Ende war kein Mangel an Regen vorhanden. Doch dieser kam als Ergebnis eines zweiten Kampfes. Zuerst war da der Kampf mit Baal, und dann der Kampf mit dem Unglauben; der äußere Kampf und der Kampf im Innern. Von diesem letzten, inneren Kampf, hing die ganze Angelegenheit ab. Der volle Sieg ist das Ergebnis von der Beharrlichkeit des Glaubens.


In Übereinstimmung mit dem Wunsch von T. Austin-Sparks, dass das, was er frei erhalten hat, weitergegeben und nicht gewinnbringend verkauft werden sollte und dass seine Botschaften Wort für Wort reproduziert werden, bitten wir Sie, diese Botschaften mit anderen zu teilen und frei anzubieten, um seine Wünsche zu respektieren - frei von jeglichen Änderungen, kostenlos (außer notwendigen Vertriebskosten) und mit dieser Erklärung inklusive.